In exakt 74 Tagen sind die Tirolerinnen und Tiroler aufgerufen, einen neuen Landtag zu wählen. Am Dienstag präsentierten Ernst Schöpf, Präsident des Tiroler Gemeindeverbandes, sowie Leonhard Steiger und Werner Lux vom Verein „Gemeindeland in Gemeindehand“ den - wie sie ihn nach einem Zitat von Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (Grüne) nannten - „größten Kriminalfall Tirols“.
Doch der Reihe nach: 1904, so ist es auf der Homepage (agrarpapers.tirol) nachzulesen, forderten Tirols Bauern nach dem „Ersten allgemeinen Bauerntag“ die Landesregierung auf, Gemeindegutsgrundstücke den Nutzungsberechtigten in deren Eigentum zu übertragen. Begründet wurde dies damals damit, dass es der Rechtsanschauung des Volkes entspräche, dass die Bauern seit jeher Eigentümer der von ihnen genutzten Grundflächen seien. Sechs Jahre später, am 30. Juni 1910, wurde die Tiroler Gemeindeordnung aus dem Jahre 1866 entsprechend der Forderung des Bauernbundes abgeändert.
„Wir sprechen hier von Milliardenvermögen“
So wurden die Gemeinden ermächtigt, die in ihrem Besitz befindlichen Waldflächen einigen wenigen Nutzungsberechtigten durch bloßen Gemeinderatsbeschluss in deren Eigentum zu übertragen. Da sich die Gemeinderäte sowie die Landesregierung damals hauptsächlich aus Bauern zusammensetzten, wurden diese Eigentumsübertragungen recht rasch vollzogen.
So wurden „in den vergangenen 100 Jahren im Auftrag der vom Bauernbund dominierten Tiroler Landespolitik große Teile des Liegenschaftsvermögens von 170 Gemeinden entschädigungslos an rund 400 Agrargemeinschaften verschoben“, rechnen Schöpf, Steiger und Lux vor, die von einem „Milliardenvermögen“ sprechen. Rund ein Fünftel der Gesamtfläche Tirols sei davon betroffen.
„Rückübertragung durch einfaches Landesgesetz möglich“
Bekannt geworden sei dieser „Grundstücksraub“ durch Recherchen des Tiroler Gemeindeverbandes, der sich auf Grundbuchserhebungen und höchstgerichtliche Erkenntnisse stütze. „Die längst überfällige Reparatur dieses skandalösen Zustands durch Rückübertragung des entzogenen Gemeindegutes an die Gemeinden ist durch ein einfaches Landesgesetz möglich“, fordern Schöpf und Konsorten die Verantwortlichen zum sofortigen Handeln auf.
Übrigens: Dass sie so knapp vor der anstehenden Landtagswahl die „Agrarpapers“ an die Öffentlichkeit tragen, sei einem „reinen Zufall“ geschuldet.
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