Während die Politik noch unschlüssig scheint, wie man mit dem Coronavirus weiter verfahren soll, äußert der Epidemiologe Gerald Gartlehner (Donau Uni Krems) ernsthafte Zweifel an der Sinnhaftigkeit der gültigen Quarantäneregeln nach einer Infektion. Zu viele Menschen würden bereits versuchen, die „Absonderungsmaschinerie“ zu umgehen, so Gartlehner.
Im dritten Jahr der Pandemie hat das Coronavirus nun auch die warmen Sommermonate voll im Griff - die Infektionszahlen sind zuletzt, trotz reduzierter Testtätigkeit, wieder in die Höhe geschnellt. Ist der Zug zur Eindämmung der Pandemie also bereits abgefahren?
Zu viele machen nicht mehr mit
Einen solchen Eindruck könnte man aufgrund der Aussagen von Gartlehner im Ö1-„Morgenjournal“ am Donnerstag bekommen. Die Bereitschaft der Bevölkerung, die Maßnahmen noch mitzutragen, sei relativ gering, zeigte er sich resigniert. Zu viele würden bereits keinen Test mehr machen, um nicht in die „Absonderungsmaschinerie“ zu gelangen, stellte er sogleich auch die Quarantäneregelungen infrage: „Diese Realität können wir nicht verleugnen.“
Es sei für die betroffenen Personen natürlich schwer zu erkennen, wie ansteckend man mit einer Infektion wirklich ist, führte er weiter aus. Ein großer Teil der Infizierten laufe zudem ohne jegliche Symptome herum - dann passiere die Ansteckung so schnell, dass der Schaden meist schon angerichtet ist, „bevor die Leute überhaupt abgesondert werden können“.
Maßnahmen so mit „wenig Nutzen“
Man wisse anhand von Modellrechnungen auch, dass Absonderung und Isolation nur noch wenig Nutzen haben, „wenn die Infektionszahlen in der Bevölkerung sehr hoch sind und wenn wir es mit einem Virus zu tun haben, das sehr ansteckend ist und das auch von Personen ohne Symptome übertragen werden kann“, so Gartlehner.
Wie also mit dem Virus weiter umgehen? Eine Strategie der Regierung kann Gartlehner jedenfalls nicht erkennen: „Was wichtig wäre, wäre ein starker Fokus auf die vulnerablen Personen. Derzeit sind nur zehn Prozent der Über-65-Jährigen vollständig geimpft“, drängt er auf eine Kampagne, damit sich diese auch wirklich den notwendigen Booster holen.
Alles steht und fällt mit der Eigenverantwortung
Sonst hänge wieder einmal sehr viel an der Eigenverantwortung. Kranke Personen sollen nicht arbeiten gehen - „bei Grippe nicht und auch bei Corona nicht“ -, im Einzelbüro spreche aber auch nichts dagegen, infiziert mit Maske arbeiten zu gehen, meinte der Epidemiologe.
Vor allem ältere und vulnerable Personen sollten sich zudem regelmäßig testen: Wenn man nämlich eine Infektion rasch erkennt, könne man mit antiviralen Medikamenten gut gegensteuern.
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