Als Folge des Klimawandels verlieren die Gletscher in den Alpen jährlich zwei bis drei Prozent ihres Volumens. Die Folge: In der Schweiz könnten sich laut einer Studie in diesem Jahrhundert mehr als 600 neue Gletscherseen bilden. Fast die Hälfte davon verschwindet bis zum Jahr 2100 allerdings vollständig, weil Erosionsmaterial die Seen wieder auffüllen wird.
Ein Forscherteam um den Glaziologen Daniel Farinotti von der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich und der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) berechnete, beruhend auf der gemessenen Eisdicke der Gletscher, dass potenziell 683 Seen mit einer Fläche von mehr als 5000 Quadratmeter und einer Tiefe von mehr als fünf Metern entstehen könnten - allerdings nur, wenn die Gletscher im Land gänzlich abschmelzen würden. Hauptsächlich im Einzugsgebiet der Rhône würden sich die neuen Seen befinden.
Um die Zahl und Fläche der künftigen Gletscherseen realitätsnäher abzuschätzen, stützten sich die Forscher auf Emissionsszenarien, die von einer globalen CO₂-Neutralität ab 2050 ausgehen sowie von Hochemissionsszenarien, bei denen nur wenig gegen den Klimawandel getan wird. Das berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Earth Surface Dynamics“.
Demnach zeigte sich, dass bis Ende des Jahrhunderts 380 neue Gletscherseen entstehen könnten, wenn strenge Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden. Bei dem pessimistischen Szenario wären es 655 Seen. Durch Sedimentation würden jedoch nach und nach fast die Hälfte der Seen bis zum Jahr 2100 wieder vollständig verschwinden.
Bereits eine im vergangenen Jahr erschienene Studie unter Leitung des Wasserforschungsinstituts Eawag zeigte, dass seit der kleinen Eiszeit in der Schweiz rund 1200 neue Gletscherseen entstanden sind. Davon gab es etwa 1000 Seen im Jahr 2016 noch, die anderen wurden wieder mit Sedimentmaterial aufgefüllt.
Seen bergen Chancen als auch Risken
Neue Gletscherseen bergen den Forschern zufolge sowohl Chancen als auch Risiken. Zum einen können in und um sie wertvolle Ökosysteme entstehen, was in Konflikten zwischen Naturschutz und der wirtschaftlichen Nutzung von Wasserkraft münden könnte. Zum anderen können Seen ausbrechen und für Überflutungen bis in die Talregionen sorgen. Deshalb erfordere die große Zahl potenziell neuer Seen ein Nachdenken über die künftige Rolle und Auswirkungen der Gewässer, schreiben die Autoren.
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