Zehn Jahre ist es her, dass sich eine gewaltige Mure durch St. Lorenzen bei Trieben wälzte. Wie sieht es heute dort aus? Ein Lokalaugenschein der „Krone“.
Tagelang hatte es schon geschüttet. Dass sich Karl Fischbacher und seine Freundin Erika Zsarnai in der Nacht auf 21. Juli 2012 entschlossen, im ersten Stock statt wie sonst im Erdgeschoss zu schlafen, hat wohl noch Schlimmeres verhindert. Die Mure drückte Unmengen an Schlamm und Geröll ins Haus, ließ einen Baum sogar ins Schlafzimmer krachen!
„Wir waren einfach nur völlig fassungslos.“ Gut 90.000 Euro Schaden entstand allein am Haus, das sie erst ein Jahr davor erstanden und hergerichtet hatten; riesige Kosten, die bei weitem nicht abgegolten worden seien.
Zerstörerische Wucht überraschte alle
Heute, an einem sonnigen Sommertag, steht es freundlich, schmuck, gepflegt da. Die Zwillinge, die ein Jahr später geboren wurden, toben fröhlich mit Freunden. Und das Bacherl, das nur wenige Meter entfernt fließt, tut das jetzt friedlich, eingefriedet und geschützt. Niemand hätte damals gedacht, dass es so eine zerstörerische Wucht entwickeln könnte.
70 Gebäude beschädigt
Aufgewacht ist St. Lorenzen an jenem 21. Juli um 5 Uhr früh durch einen „Mordsklescher“. Beim Lorenzerbach hatte sich nach starken Regenfällen eine gigantische Verklausung aufgestaut und dann gelöst. Meterhoch wälzte sich die zerstörerische Mure durch den idyllischen Ort, riss alles mit, begrub vieles unter sich, beschädigte 70 Objekte.
Der großen Katastrophe gerade noch entkommen
„Obwohl wir bis 3 Uhr früh beim Bach waren“, erinnert sich Rene Waldsam von der Freiwilligen Feuerwehr. „Mit Baggern wurden Geröll, Äste, Erde weggeschaufelt, bis zur völligen Erschöpfung.“ Wären sie zwei Stunden länger geblieben, „nicht auszudenken. Wir waren 21 Leute und hätten kaum eine Chance gehabt, uns zu retten.“
„Jeder hat jedem geholfen“
Schon davor gab es Dutzende Unwettereinsätze. Die Einsatzbilanz nach dem Drama: 5000 Stunden leisteten die Helfer. Und der ganze Ort packte an: „Das hat uns schon eng zusammengeschweißt“, erinnert sich ein Anrainer. „Jeder hat jedem geholfen, ist mit den Scheibtruhen gerannt, hat geschaufelt, geputzt.“
Skurrile Szenen: „Ein Bauer ist nicht mehr zu seinem Haus durchgekommen. Da hat er seinen Traktor allein mit dem kleinsten Gang vorfahren lassen, um den Weg frei zu machen, ist dann aufgesprungen.“ Die Verbundenheit hält heute noch an.
Schaut man da, zehn Jahre später, noch sorgenvoll zum Himmel, wenn sich ein Gewitter ankündigt? Ja, sagen die einen, „das kriegt man nicht mehr raus“. Nein, die anderen, „man kann sich nicht ständig fürchten“.
„Es wurden 15 Millionen Euro in den Schutz investiert, mit Murenbrechern, Rückhaltebecken“, sagt Triebens Bürgermeister Helmut Schöttl. „Aber die Erinnerung kann man nicht auslöschen. Die Wunden sind verheilt, die Narben bleiben.“
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