Steuerzahler geprellt

Taskforce deckte Sozialbetrug von 60 Mio. Euro auf

Österreich
18.07.2022 13:18

Seit der Einrichtung einer Taskforce gegen Sozialleistungsbetrug im Juli 2018 haben die Behörden bei über 11.000 Anzeigen eine Schadenssumme von rund 60 Millionen Euro aufgedeckt. Die Palette der Delikte ist sehr breit: Sie reicht von der Erschleichung der Mindestsicherung oder des Arbeitslosengeldes bis hin zu ergaunerten Pensionen. 30 Prozent der Delikte werden von Inländern und 70 Prozent von Ausländern begangen, so Innenminister Gerhard Karner (ÖVP).

Bei dem Missbrauch von Sozialleistungen handelt es sich Karner zufolge um ein klassisches Kontrolldelikt: Je höher der Fahndungsdruck, umso mehr Fälle werden auch bekannt. So wurde alleine vergangenes Jahr eine Schadenssumme von rund 19,1 Millionen Euro ermittelt. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) betonte, dass Solidarität zwar ein Grundpfeiler der Gesellschaft sei, diese müsse aber auch für die Steuerzahler gelten, die diese Leistungen finanzieren. „Solidarität ist keine Einbahnstraße“, sagte Brunner.

Die Delikte waren sehr breit gestreut. Gleich 50 verschiedene Formen, wie Sozialleistungen erschlichen wurden, machte die Taskforce aus, so der Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung von Schlepperkriminalität, Gerald Tatzgern. Die Hauptkategorien waren dabei die Erschleichung der Mindestsicherung trotz ausreichendem Vermögen, der Missbrauch von Pensionsleistungen durch die Vortäuschung eines Scheinwohnsitzes, der widerrechtliche Erhalt der Familienbeihilfe oder die Erschleichung der Grundversorgung mittels falscher Identität.

Lieferdienste „genau im Auge“
Es seien vor allem Bereiche, die viel minderqualifiziertes Personal beschäftigen und besonders unter Preisdruck stehen, die Betrugsvarianten in Anspruch nehmen, erklärte der Leiter der Finanzpolizei, Wilfried Lehner. Dabei gebe es eine typische Häufung am Bau und im Baunebengewerbe sowie bei Leihfirmen. Hier seien alle Bereiche betroffen, die Leiharbeiter beschäftigen - bis hinein in die Industrie. Auch Lieferdienste oder Paketzusteller, die über diverse Online-Plattformen aktiv seien, habe man „genau im Auge“.

Lehner berichtete etwa von einer Supermarktkette, bei der sämtliche 1100 Mitarbeiter geringfügig angestellt waren, obwohl sie voll gearbeitet hatten. Hier war das Arbeitslosengeld quasi „Teil des Geschäftsmodells“. Fliegen solche Firmenkonstruktionen, auf, wird typischerweise umgruppiert. Daher werde verfolgt, wohin die Dienstnehmer als Nächstes gehen, mit dem Ziel, die Tätergruppe aus dem Verkehr zu ziehen, erläuterte er das Vorgehen. 

Villa vermietet, aber Arbeitslosengeld kassiert
Ähnlich verhielt es sich bei einem Hotelreinigungsunternehmen und einer Securityfirma. Sämtliche Arbeitsaufzeichnungen waren dabei falsch, die Leute arbeiteten viel länger als angegeben, die Differenz wurde schwarz ausbezahlt. In anderen Fällen wurden Teile des Lohns gänzlich zurückgehalten. Weiters wurde eine Frau ausgeforscht, die sowohl Arbeitslosengeld als auch Notstandshilfe im Umfang von 30.000 Euro bezog, obwohl sie durch die Vermietung von 17 Ferienwohnungen und einer Villa in Kroatien für den Zeitraum von 2016 bis 2021 Einnahmen in der Höhe von rund 80.000 Euro hatte.

Seitens der Behörden wurde betont, den Kampf gegen die Erschleichung von Sozialleistungen weiter aufrechtzuerhalten. Schließlich fehle dieses Geld bei „anderen Projekten, die wir umsetzen wollen“, wie Brunner sagte.

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