EU-Notfallplan kommt
Nord Stream: Gas soll fließen – auf Sparflamme
Die Wiederaufnahme des Gasflusses durch die derzeit in Wartung befindliche russisch-deutsche Pipeline Nord Stream 1 liegt in der Schwebe. Angeblich wird nach der Wartung wieder Gas fließen, aber nicht in vollem Ausmaß, so zwei Insider. Österreichs EU-Kommissar Johannes Hahn zeigte sich skeptisch, dass es zum neuerlichen Betrieb kommt. Die EU-Kommission bereitet sich auf alle Szenarien vor, im Notfall könnten den Mitgliedsstaaten verbindliche Einsparziele vorgegeben werden.
Zwei Tage vor dem planmäßigen Ende der jährlichen Nord-Stream-1-Wartung sieht die Brüsseler Behörde die Möglichkeit, dass die Gaslieferungen durch die Ostsee-Pipeline am Donnerstag nicht wieder aufgenommen werden könnte, sagte ein Sprecher. Die EU-Kommission will am Mittwoch offiziell ihre Pläne veröffentlichen, wie die EU-Staaten die Gasnachfrage reduzieren und damit die Gefahr eines Gasmangels im Winter deutlich senken können.
Ein Entwurf für einen Gas-Notfallplan sieht unter anderem vor, Unternehmen mit finanziellen Anreizen zur Senkung des Gasverbrauchs zu bringen, so die Nachrichtenagentur Reuters. Zudem könnten verbindliche Einsparziele ausgegeben werden. Konkret soll es um den Fall gehen, in dem freiwillige Maßnahmen nicht mehr ausreichen, um in allen EU-Staaten eine Versorgung von privaten Haushalten und anderen besonders zu schützenden Konsumenten wie etwa Krankenhäusern sicherzustellen.
„Gehen vom schlimmstmöglichen Szenario aus“
Wie stark die EU-Staaten ihren Gasverbrauch reduzieren müssten, ließ der Entwurf zunächst offen, im Gespräch waren zuletzt allerdings Zahlen von fünf bis 15 Prozent. Beschrieben wird lediglich, dass als Basiswert für eine prozentuale Einsparung der Durchschnittsgasverbrauch in den Jahren 2016 bis 2021 dienen könnte. Die EU-Kommission wollte sich noch nicht zu den Notfallplänen äußern. Der Sprecher verwies allerdings darauf, dass vom „schlimmstmöglichen Szenario“ ausgegangen werde.
Zugleich machte er deutlich, dass es nicht möglich sei vorherzusagen, ob durch die Ostseepipeline nach einer geplanten Wartung wieder Gas fließen werde. EU-Haushaltskommissar Hahn jedenfalls ist skeptisch: Das „Wall Street Journal“ zitierte ihn mit den Worten, dass die EU-Kommission von dieser Entwicklung ausgehe: „Wir arbeiten mit der Annahme, dass sie nicht wieder in Betrieb geht.“
Wir arbeiten mit der Annahme, dass sie nicht wieder in Betrieb geht.
Österreichs EU-Kommissar Johannes Hahn
Lieferung nur noch in reduziertem Umfang
Laut zwei Insidern wolle Russland seine Gaslieferungen durch die Pipeline nach der Wartungsunterbrechung wieder aufnehmen - wenn auch in reduziertem Umfang. Der russische Gasmonopolist Gazprom hatte die Kapazität der Lieferungen durch Nord Stream 1 bereits im vergangenen Monat auf 40 Prozent beschnitten und dies auf die Wartung einer Turbine zurückgeführt.
„Sie (Gazprom) werden zu dem vor dem 11. Juli gesehenen Niveau zurückkehren“, sagte nun einer der Insider. Durch Nord Stream 1 war in der Vergangenheit mehr als ein Drittel der russischen Gasexporte in die Europäische Union geleitet worden.
Durchflussmenge bereits auf 40 Prozent reduziert
Die Europäische Kommission hatte zuvor mit Blick auf die Pipeline und die Frage künftiger Lieferungen erklärt, sie bereite sich auf alle Szenarien vor, auch auf ein Ausbleiben der Lieferungen nach der Wartung. Im vergangenen Monat hatte Russland die Durchflussmenge bereits auf 40 Prozent der Gesamtkapazität der Pipeline reduziert und dies mit der verspäteten Rückgabe von in Kanada gewarteten Anlagen begründet. Kanzler Olaf Scholz hatte technische Gründe für die Drosselung als vorgeschoben bezeichnet und Russland vorgeworfen, Gaslieferungen als politische Waffe einzusetzen.
Durch die Pipeline Nord Stream 1 wurden vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine jährlich 55 Milliarden Kubikmeter Gas von Russland nach Deutschland transportiert. Die Reduktion der Lieferungen aus Russland hatten dann unter anderem auch den größten deutschen Gas-Importeur Uniper in eine Schieflage gebracht.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.