Polit-Krise in Italien
Jetzt will Draghi doch Ministerpräsident bleiben
Nach seinem gescheiterten Rücktrittsangebot ist Mario Draghi doch bereit, italienischer Ministerpräsident zu bleiben. In einer Rede im Senat forderte der parteilose Ökonom die zuletzt zerstrittenen Regierungsparteien am Mittwoch aber auf, sich geschlossen hinter ihn und die Regierung zu stellen. Der 74-Jährige stellt sich am Mittwoch einem Vertrauensvotum, dessen Ergebnis am Abend erwartet wird.
Draghi hob in seiner Ansprache die Notwendigkeit hervor, die Koalition neu aufzustellen, die seine Regierung bisher unterstützt. „Sind die Parteien zum Neustart des Regierungspakts bereit? Das ist die Antwort, die Sie allen Italienern geben müssen“, so Draghi.
„Müssen Vertrauen wieder aufbauen“
Draghi erläuterte die bisher erreichten Ziele seiner Regierung, die seit Februar 2021 im Amt ist und geschaffen wurde, um das Land aus der Corona-Pandemie und der wirtschaftlichen Krise herauszuholen. „Ich war noch nie so stolz, Italiener zu sein“, sagte der Premier. „Der einzige Weg - wenn wir noch zusammenbleiben wollen - ist, diesen Vertrauenspakt unter den politischen Kräften der Regierungsmehrheit wieder aufzubauen, mit Mut und Glaubwürdigkeit“, forderte Draghi, der im Senat um das Vertrauen der Parlamentarier warb.
Der Premier hob die Mobilisierung seitens Bürgermeistern, Bürgern und Wirtschaftsexperten für den Amtsverbleib der Regierung hervor. „Diese Mobilisierung ist präzedenzlos“, meinte er. Italien sei stark, wenn es geschlossen sei. Den bisherigen Zusammenhalt der Mehrparteienkoalition, die ihn unterstützt habe, bezeichnete er als „Wunder“, auf das er stolz sei. Draghi meinte, die Bedingungen für den Erhalt der bisherigen Koalition seien vorhanden, wenn die Parteien Einigkeit demonstrierten.
Zusammenhalt ins Wanken geraten
In den letzten Wochen sei der Zusammenhalt in der Koalition jedoch ins Wanken geraten, stellte der Ministerpräsident fest. Der Beschluss der linkspopulistischen Fünf-Sterne-Bewegung, vergangene Woche nicht an einer Vertrauensabstimmung teilzunehmen, bedeute das Ende des Pakts, der die Koalition bisher zusammengehalten habe. Danach hatte er seinen Rücktritt angeboten, Staatschef Sergio Mattarella lehnte diesen jedoch ab und schickte ihn ins Parlament, um sich dort zu rechtfertigen.
Auf Draghis Ansprache folgt eine mehrstündige Generaldebatte. Im Anschluss findet das erwartete Vertrauensvotum statt. Mit einem Ergebnis ist am Mittwochabend zu rechnen. Gewinnt Draghi die Vertrauensabstimmung im Senat, muss er sich außerdem das Vertrauen in der größeren Abgeordnetenkammer aussprechen lassen. Die Sitzung dort ist für Donnerstag angesetzt.
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