Der Immobilienunternehmer Siegfried Stieglitz soll sich nicht nur von der FPÖ zu einem Posten im Asfinag-Aufsichtsrat verholfen haben lassen. Laut Nachrichten in Chats hat er zudem versucht, seinen Bruder über die FPÖ bei dem Unternehmen unterzubringen, wie eine Staatsanwältin am Donnerstag im Prozess festhielt. Vier Zeugen wurden dazu befragt, Urteile werden frühestens in einer Woche erwartet.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wirft Stieglitz Bestechung vor, seinem Freund und ehemaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Bestechlichkeit. Am Donnerstag wurde der Prozess gegen die beiden am Wiener Landesgericht fortgesetzt, im Zentrum stand Stieglitz‘ Bestellung zum Asfinag-Aufsichtsrat und dessen Interesse an weiteren Mandaten in Gremien staatsnaher Unternehmen, vor allem bei der ÖBB-Holding. Hinterfragt wird etwa, ob der Immobilienunternehmer dafür ausreichend qualifiziert war. Hartwig Hufnagl, damals stellvertretender Kabinettschef im Ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie und Asfinag-Vorstandsdirektor, bejahte diese Frage. „Er war sehr, sehr gut vorbereitet. Er war sehr engagiert und hat durchaus seine Expertise im Bereich Immobilien aufblitzen lassen.“ Zugleich wandte der Zeuge ein, dass es nicht seine Aufgabe war, die Qualifikation von Stieglitz zu prüfen.
Wer versprach Job bei den ÖBB?
Hufnagl sei zwar mit ihm befreundet gewesen, habe ihm aber weder zu dem Posten bei der Asfinag verholfen noch bei der ÖBB Holding interventiert. Stieglitz meinte wiederum, dass Hufnagl ihm gesagt hätte, dass Stieglitz‘ Bruder bei der Asfinag gebraucht werde. Dass der Unternehmer für seinen Verwandten ebenfalls ein Aufsichtsrat-Mandat wollte, legte eine Staatsanwältin mit Chats dar. Offenbar dürfte Stieglitz tatsächlich auch ein Posten bei den ÖBB in Aussicht gestellt worden sein. Von wem, ist bisher jedoch nicht klar.
Die Zeugen wollen es nicht gewesen sein. „Ich hab‘ ihm gesagt, der Aufsichtsrat der Holding ist komplett. Es ist nix frei“, sagte etwa Philipp Trattner, damals Referent im Kabinett von Strache und jetzt Sektionschef im Sportministerium. Trattner habe ihm jedoch „ein freies Mandat im Postbus“ (seit 2003 ein Tochterunternehmen der ÖBB, Anm.) angeboten, was Stieglitz abgelehnt habe. „Er war ganz versessen auf die Holding.“
Arnold Schiefer, Finanzvorstand der ÖBB-Holding und bis 2019 FPÖ-Mitglied, hat sich laut eigenen Aussagen ebenfalls nicht für Stieglitz eingesetzt. „Höchstens die Staatsanwältin findet wieder eine SMS.“ Der Aufsichtsratsvorsitzende der ÖBB habe lieber einen Steuerberater haben wollen, Schiefer sei in diese Überlegungen aber nicht eingebunden gewesen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft geht derzeit davon aus, dass zumindest Trattner entgegen seiner Aussage an Bemühungen Stieglitz‘ um Sitze in der ÖBB Holding und auch beim Verbund beteiligt gewesen ist oder zumindest davon wusste. „Sigi bekommt den nächsten freien Sitz in der Holding“, hieß es etwa in einer Nachricht, in einer weiteren „Sigi wird in den Verbund entsandt.“
„Strebsamkeit ist doch etwas Positives“
Für Stieglitz war es am Donnerstag nicht nachvollziehbar, „dass es als negativ dargestellt wird“, Aufgaben in staatsnahen Betrieben zu übernehmen. „Dass man strebsam ist, ist doch etwas Positives.“ Für Aufregung sorgte am Ende der Verhandlung noch ein Aktenvermerk einer Staatsanwältin. Ihr wird vorgeworfen, dem Unternehmer eine Seite eines Basiskurs-Skriptums über Aufgaben und Struktur eines Aufsichtsrates übermittelt zu haben, nachdem sie ihn zufällig bei einem Friseur-Besuch kennengelernt hatte und mit ihm ins Gespräch gekommen war. „Das ist doch gut. Je mehr Information man bekommt, desto besser“, sagte der Angeklagte dazu.
Stieglitz wurde Ende Februar 2020 von der zuständigen Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) wieder als Asfinag-Aufsichtsrat abberufen. Laut Anklage soll ihm Strache für Spenden an den FPÖ-nahen Verein „Austria in Motion“ den Posten verschafft haben. Beide bestreiten die Vorwürfe. Der Prozess wird am kommenden Donnerstag fortgeführt, dann könnte es auch Urteile geben.
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