Die notwendigen Zinserhöhungen der EZB belasten vor allem die schwer verschuldeten Staaten wie Italien oder Portugal. Daher will man diesen im Notfall ein neues Instrument zur Seite stellen.
Die Bedrohung hat einen Namen. Experten nennen es „Spreads“. Das ist der Abstand zwischen den Zinsen, die Staaten zahlen müssen, wenn sie zur Finanzierung Anleihen auf den Markt bringen. Deutschland (und Österreich auch) haben eine hohe Bonität, daher müssen sie z.B. 1-1,5% für eine zehnjährige Anleihe bieten.
Bei Italien sind es hingegen um vier Prozent, dahinter folgen Griechenland, Portugal oder Frankreich. In der Eurokrise 2008 betrugen die „Spreads“ ein Vielfaches davon. Es drohte ein Auseinanderbrechen der Eurozone, weil sich einige Staaten die Zinsen für ihre Schulden nicht mehr leisten konnten.
„Probleme in die Zukunft verlagert“
Erst das Eingreifen der EZB (Mario Draghi, damals Notenbank-Chef, sagte die berühmte Worte „whatever it takes“) führte dazu, dass die Spekulationen auf den Finanzmärkten aufhörten und die Spreads sich wieder annäherten. Der Druck auf die Staaten, ihre Budgets in Ordnung zu bringen und die Verschuldung einzubremsen, stieg. Dabei half die EZB mit ihrer Nullzins-Politik.
„Doch in Wahrheit hat man damit die Probleme in die Zukunft verlagert, weil keine echten Strukturreformen gemacht wurden“, kritisiert der Ökonom Christian Helmenstein die Sorgenkinder in der Eurozone.
Mit Corona war es dann überall mit dem sparsamen Haushalten vorbei. Dann kamen auch noch der Ukraine-Krieg, die Explosion der Energiepreise und die Rekordinflation. Daher müssen die Zinsen steigen, „das ist unabdingbar“, so Helmenstein. Er glaubt aber, dass die EZB zu spät reagiert habe. Denn die Zinsdifferenz zu den USA führte zur Abwertung des Euro zum Dollar um 14%. Das verteuerte die Energieimporte und erhöhte dadurch die Inflation.
Angst vor neuer Euro-Krise
Die Zinserhöhungen bringen jetzt schwer verschuldete Länder (siehe Grafik) in die Bredouille. Vor allem Italien gilt als Sorgenkind wegen seiner instabilen Regierung und seiner enormen wirtschaftlichen Probleme. Die Spreads steigen wieder und so mancher sieht eine neue Euro-Krise entstehen.
Um das zu verhindern, legt die EZB ein neues Anti-Krisen-Programm auf, das sogenannte Transmission Protection Instrument (TPI). „Die EZB versucht zwei Ziele zugleich zu erreichen, die nicht kompatibel sind“, so Helmenstein: Zum einen will sie durch Preisstabilität die Kaufkraft erhalten (niedrige Inflation). Zum anderen will sie - was eigentlich nicht ihre Aufgabe ist - die Finanzierbarkeit der Staatsschulden erhalten.
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