Obwohl Wien über viele Grünflächen verfügt, leiden die Bürger auch in der Nacht unter der Hitze. Frischluftschneisen könnten helfen.
Stadtbewohner leiden besonders unter dem Klimawandel. Die Betonschluchten speichern untertags die Hitze und geben diese in der Nacht ab. Es gibt keine spürbare Abkühlung. Kann die Temperatur dadurch nicht unter 20 Grad Celsius fallen, sprechen die Experten von Tropennächten. Ganze 25 gab es alleine im vergangenen Jahr in der City. Das Problem: Kann sich der Körper durch die Hitze nicht regenerieren, drohen ernsthafte gesundheitliche Konsequenzen.
Es braucht langfristig eine natürliche Lösung
Klimaanlagen und Ventilatoren schaffen nur kurzfristig Erleichterung. Soll Wien nicht zur „Wüstenstadt“ werden, braucht es eine langfristige Lösung. Natürliche Kaltluftschneisen sollen diese Funktion übernehmen. Stadtklimatologe Simon Tschannett: „Die kalte Luft kann man sich wie einen Kübel Wasser vorstellen, den man ausschüttet. Sie rinnt entlang der Täler bis in die Stadt hinein.“
Diesen Strömen wurde durch Verbauung und Versiegelung jedoch die Arbeit erschwert. Tschannett: „Anhand von Modellen haben wir untersucht, wie weit die kalte Luft an einem typischen Hitzetag fließt; sie erreicht den Bereich um den Gürtel.“ Je weiter innerhalb der Stadt man wohnt, desto später in der Nacht kommt die kalte Luft an. Davor warnt Tschannett, denn: „Später in der Nacht bedeutet, dass der Nachtschlaf nicht mehr so erholsam ist.“ Die Ströme würden durch die Verbauung zudem lediglich die warme Luft vor sich herschieben - die natürliche Klimaanlage stottert.
Die Forderung des Experten: Auf die Kaltluftschneisen bei der Stadtplanung besondere Rücksicht nehmen und möglichst viele natürliche und unversiegelte Böden in den Entstehungsgebieten erhalten.
Petition: Verbauung des Wienerwalds verhindern
Mit dieser Forderung ist Tschannett auch nicht alleine. So haben jetzt mehrere ÖVP-Politiker der Wienerwaldbezirke die neue Plattform „Rettet den Wienerwald“ (rettetdenwienerwald.at) ins Leben gerufen. Sie fordern eine strengere Bauordnung und einen Stopp für Großbauprojekte am Waldesrand sowie ein Ende der Versiegelung. „Der Wienerwald muss als Erholungsraum sowie als wichtiges Entstehungsgebiet von frischer Luft erhalten bleiben“, so die Initiatoren.
Stadt will bauliche Blockaden verhindern
In der Vergangenheit wurde bei der Stadtplanung wenig Rücksicht auf natürliche Kaltluftschneisen gelegt. Doch neueste Klimamodelle ermöglichen Experten, Luftverwirbelungen sogar an einzelnen Gebäuden und Straßenecken zu messen. Hier will die Stadt Wien nun ansetzen. Wiens Klimadirektor Andreas Januskovecz: „Wir arbeiten derzeit in enger Abstimmung mit Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky an einer Software, um in Zukunft bei der Stadtplanung genau solche Frischluftschneisen zu ermöglichen oder zu bewahren.“
In der Raumplanung und der Flächenwidmung gebe es bereits entsprechende Möglichkeiten, um auf diese Entwicklung Rücksicht zu nehmen. Mit einer neuen Software will die Stadt diese entsprechenden Räume sichtbar machen. „Wir wollen verhindern, dass einzelne Gebäude durch eine falsche Anordnung diese natürlichen Strömungen stören oder womöglich unterbrechen“, so Januskovecz.
Luftverwirbelungen auch in Innenhöfen sichtbar machen
So soll das Modell sogar Luftverwirbelungen in Innenhöfen abbilden können, damit dann selbst auf kleinstem Raum entsprechende Maßnahmen wie Gebäudebegrünungen gesetzt werden können. Noch gibt es nur ein erstes Modell. „Jetzt bereiten wir die Vergaben vor. Mit einem fertigen Produkt ist aber sicher nicht im nächsten halben Jahr zu rechnen“, so Wiens Klimadirektor.
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