„Hochpräzise“ Raketen

Russland gibt Angriff auf Hafen von Odessa zu

Ausland
24.07.2022 10:15

Trotz einer Abmachung zur Getreideausfuhr wurde am Samstag der ukrainische Hafen in Odessa beschossen. Nachdem Moskau zunächst bestritten hatte, dass es sich um seine Raketen gehandelt habe, wurde nun eingeräumt, dass man auf „militärische Infrastruktur“ gezielt habe.

Der Angriff vom Samstag erfolgte wenige Stunden, nachdem die Kriegsparteien ein Abkommen zur Ermöglichung von Getreideexporten geschlossen hatten, das Angriffe auf Häfen untersagt. Moskau hatte türkischen Angaben zufolge zunächst erklärt, nicht mit dem Angriff zu tun zu haben.Die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa sagte, bei dem Angriff seien „hochpräzise“ Kalibr-Waffen eingesetzt worden. Unerwähnt ließ sie, dass Russland sich in dem am Freitag in Istanbul unter türkischer und UNO-Vermittlung unterzeichneten Abkommen auch dazu verpflichtet hatte, den Hafen von Odessa und zwei weitere ukrainische Häfen nicht anzugreifen, um Getreideausfuhren zu ermöglichen.

Der Hafen von Odessa nach dem Raketenangriff (Bild: Odesa City Hall Press Office)
Der Hafen von Odessa nach dem Raketenangriff

Selenskyj: Akt „offensichtlicher russischer Barbarei“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj übte scharfe Kritik an den Angriffen und verurteilte sie als einen Akt „offensichtlicher russischer Barbarei“. Die Schläge seien ein weiterer Grund dafür, der Ukraine solche Waffen zu geben, „die für unseren Sieg notwendig sind“, sagte der Staatschef in seiner am Samstagabend veröffentlichten Videobotschaft. 

Selenskyj erklärte, dass sich Russland mit den Raketenangriffen politisch bloßgestellt habe. „Wenn irgendjemand auf der Welt früher gesagt hat, dass es notwendig ist, mit Russland in Dialog zu treten, Vereinbarungen zu treffen über eine Waffenruhe, ohne unser Gebiet von den Besatzern zu befreien, dann haben die heutigen Raketen die Möglichkeit solcher Aussagen zerstört“, sagte er. 

Zahlreiche Einsatzkräfte kämpften nach dem Angriff gegen die Flammen. (Bild: Odesa City Hall Press Office)
Zahlreiche Einsatzkräfte kämpften nach dem Angriff gegen die Flammen.

Russland hatte am Freitag in dem Abkommen zugesichert, Schiffe für den Export über einen Seekorridor fahren zu lassen und nicht zu beschießen. Auch die drei beteiligten Häfen dürfen demnach nicht angegriffen werden. Es geht dabei unter anderem um die Ausfuhr von Millionen Tonnen Getreide. Die unter der Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei unterzeichnete Einigung sieht vor, die Exporte von einem Kontrollzentrum in Istanbul überwachen zu lassen.

US-Außenminister zweifelt an Russlands Zusagen
Nach führenden EU-Vertretern übten auch die USA scharfe Kritik an Russland. Nur einen Tag nach der Vereinbarung über die Ausfuhr von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer habe Russland seine Verpflichtungen gebrochen, teilte US-Außenminister Antony Blinken am Samstag (Ortszeit) mit. „Dieser Angriff lässt ernste Zweifel an der Glaubwürdigkeit des russischen Engagements für die gestrige Vereinbarung aufkommen.“

Blinken kritisierte, der Beschuss untergrabe die Arbeit der Vereinten Nationen, der Türkei und der Ukraine, um wichtige Nahrungsmittel auf die Weltmärkte zu bringen. Russland trage die Verantwortung für die Verschärfung der weltweiten Nahrungsmittelkrise. Moskau habe der Vereinbarung zur Ausfuhr von Getreide zugestimmt und stehe nun in der Pflicht, sie vollständig umzusetzen.

Selenskyj erklärte in seinem Video zudem, der 150. Kriegstag sei wie viele andere auch gewesen. Neben den Raketenangriffen habe es schwere Gefechte im Donbass und im Gebiet Charkiw gegeben. Dennoch sei auch sichtbar, dass sich die Ukraine in Richtung Sieg bewege. Vor allem zeige sich das in der Region Cherson im Süden. „Die Streitkräfte der Ukraine bewegen sich Schritt für Schritt in dem Gebiet vorwärts“, sagte Selenskyj.

Bereits 39.520 russische Soldaten gefallen
Das ukrainische Militär teilte am Sonntag mit, dass der Beschuss im Norden, Süden und Osten fortgesetzt wurde. Im Donbass bereiten demnach die russischen Kräfte einen Angriff auf die Stadt Bachmut vor. Laut ukrainischer Armee wurden vom 24. Februar bis zum 24. Juli insgesamt 39.520 russische Soldaten getötet. Zudem seien 1722 russische Panzer, 3942 gepanzerte Kampffahrzeuge, 869 Artilleriesysteme, 255 Flugabwehrraketensysteme, 113 Luftverteidigungseinheiten, 221 Kampfflugzeuge, 188 Hubschrauber und 15 Kriegsschiffe zerstört worden, wie die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform mitteilte. Von unabhängiger Seite ließen sich diese Zahlen zunächst nicht bestätigen.

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