Ist der Hintertuxer Bergriese Österreichs höchst gelegenes Freibad? Könnte er werden, wenn es so weitergeht. Zwei Kenner waren für die „Krone“ vor Ort und schlagen Alarm. Auch die Alpenvereins-Legende Fritz Macher erkundet seit Jahrzehnten das Hochgebirge und wurde dabei Zeitzeuge des Gletschertods. Heuer sei es „so schlimm wie nie zuvor“.
Natürlich kann man über die Sinnhaftigkeit vom Gletscherskifahren im Sommer diskutieren. Wahrscheinlich wird man es aber nicht mehr lange müssen. Denn das ewige Eis rinnt vor unseren Augen davon. Sichtbar wird die aktuelle Lage am Hintertuxer Gletscher.
Von dort erreicht die „Krone“ auch der Hilferuf von zwei bekannten Umweltschützern. Eisschwimmer Josef Köberl und Extremtaucher Christian Redl haben sich nicht nur Weltrekorden, sondern auch dem Schutz der Natur verschrieben.
„Es ist erschreckend, wie viel Eis verschwunden ist“
Dieser Tage sind sie für einen Workshop im Zillertal. Köberl: „Ich komme seit Jahren her und habe die Veränderungen quasi hautnah miterlebt. Das Gletschersterben nimmt seinen Lauf. Wollen wir dem zusehen, oder wollen wir das Wasser schützen? Ist diese Ressource verbraucht, wird sich am Gletscher und im weiteren Verlauf entlang der Bäche und Flüsse die Natur stark verändern.“
Redl schlägt in die gleiche Kerbe: „Mein letzter Besuch am Gletscher war vor der Pandemie. Es ist erschreckend, wie viel Eis verschwunden ist. Wir müssen alles unternehmen, um die Gletscher zu schützen.“ Wo im Vorjahr noch meterdickes Eis war, haben die beiden nun für die „Krone“ den Sprung ins wahrhaftig kühle Nass gewagt, um auf die dramatische Situation aufmerksam zu machen.
„Seele der Alpen“ in Gefahr
„In Zeiten der Klimakrise sind unsere Gletscher ein kostbarer Schatz. Das Land Tirol muss sich wieder zum bedingungslosen Schutz bekennen und die ,Seele der Alpen‘ bewahren“, fordern auch der WWF Österreich und die Naturfreunde. Dazu passend: Die Zahl der Hitzetage (mindestens 30 Grad) hat sich in Österreich verdreifacht. Frühere Temperaturrekorde sind heute Durchschnitt.
„Strahlendes Weiß der Berge muss grauen Schuttmassen weichen“
Auch die Alpenvereins-Legende Fritz Macher erkundet seit Jahrzehnten das Hochgebirge und wurde dabei Zeitzeuge des Gletschertods, wie er im „Krone“-Interview erzählt.
„Krone“: Sie sind ja schon eine kleine Ewigkeit auf Erden unermüdlich in der geheimnisvollen Welt der Gletscher unterwegs und machen im Sommer bestenfalls kleine Zwischenstopps im Tal. Welchen Gipfelsieg haben Sie zuletzt errungen?
Macher: Einige! Denn im Sommer versuche ich als Vorsitzender unserer Sektion Austria, alle unsere 20 Alpinstützpunkte zu inspizieren und dabei die Gletscherschmelze zu dokumentieren.
Sie haben rund 2000 schwere und schwerste Touren hinter sich. Da sind Sie zwangsläufig Zeitzeuge der Dramatik. Ist es wirklich so verheerend, wie wir uns das im Tal vorstellen?
Der Gletscherschwund hat eine unvorstellbare Dynamik erreicht. Heuer ist es so schlimm wie nie zuvor. Da oben ist alles im Fluss.
Ist das denn überall so?
Leider ja, das gesamte ewige Eis unserer Alpen starrt im wahrsten Sinne des Wortes in einen Abgrund. Das Weiß der Berge muss grauen Schuttmassen weichen und wird von diesen regelrecht verschlungen.
Wo ist das am augenscheinlichsten?
Auf der Pasterze am Großglockner, am Schladminger Gletscher, auf der Hallstätter Zunge, auch in Gosau und, und, und. Die traurige Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Also gibt es oben nichts mehr zu sehen außer Schutt?
Die Schönheit und Faszination der hochalpinen Regionen ist noch immer gegeben und erstrebenswert. Einiges hat sich gewandelt.
Ihr flammender Appell?
Es sind jetzt alle Anstrengungen geboten, durch engagierte Maßnahmen gegen die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels, noch Teile dieser hochalpinen Szenerie für kommende Generationen zu retten. Unsere Idealisten bringen sich jedenfalls mit ganzem Herzen ein.
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