Russland will die Regierung in Kiew stürzen, wie der russische Außenminister Sergej Lawrow jetzt bestätigt hat. Im April hatte er noch gesagt, dass das Regime nicht ausgetauscht werden soll. Laut dem Kreml sollen das russische und ukrainische Volk künftig zusammenleben. Wie das aussehen soll, wurde nicht näher erläutert.
„Wir helfen dem ukrainischen Volk auf jeden Fall, sich von dem absolut volks- und geschichtsfeindlichen Regime zu befreien“, sagte Lawrow am Sonntag bei seinem Besuch in Kairo. Damit widerspricht er seinen eigenen Aussagen vom April. „Wir haben nicht vor, das Regime in der Ukraine zu wechseln“, sagte der russische Chefdiplomat damals. Die Ukrainer und Ukrainerinnen könnten selbst entscheiden, unter welcher Führung sie leben wollen.
Wir helfen dem ukrainischen Volk auf jeden Fall, sich von dem absolut volks- und geschichtsfeindlichen Regime zu befreien.
Sergej Lawrow, Russlands Außenminister
Position öffentlich verschärft
Die russische Führung hat in den vergangenen Tagen öffentlich ihre Position im Krieg in der Ukraine verschärft. Lawrow drohte am Mittwoch damit, dass russische Truppen weitere Gebiete außerhalb des Donbass besetzen würden. Zurückgeführt wurde das auf westliche Waffenlieferungen und deren höhere Reichweite. Die Kiewer Truppen sollen von den Gebieten Donezk und Luhansk, die Moskau als unabhängig anerkannt hat, weiter abgedrängt werden. Zuvor hatte Lawrow Friedensverhandlungen eine Absage erteilt. Es ergebe momentan keinen Sinn, Gespräche mit der Ukraine wiederaufzunehmen.
Kiew: „Moskau kennt Geschichte nicht“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am Sonntag in seiner täglichen Videoansprache auf die Äußerungen Lawrows reagiert. „Nur diejenigen, die die wahre Geschichte nicht kennen und ihre Bedeutung nicht spüren, konnten sich entscheiden, uns anzugreifen.“ Das ukrainische Volk würde seine Unabhängigkeit nie aufgeben. Die nationale Einheit müsse bewahrt werden, um den Krieg zu gewinnen und Mitglied der EU zu werden.
Die ukrainische Militärverwaltung Chersons verkündete inzwischen erste Erfolge bei der Rückeroberung des Gebiets. „Wir können sagen, dass ein Wendepunkt auf dem Schlachtfeld erreicht wurde. Wir sehen, dass unsere Streitkräfte offen vorrücken. Die ukrainischen Truppen wechseln von der Defensive in die Gegenoffensive“, sagte Serhij Chlan von der Militärverwaltung. Er schätzt, dass Cherson bis September befreit sein werde. Laut ihm bereiten die ukrainischen Truppen eine Bodenoffensive vor und haben in den vergangenen Wochen Teile in der südukrainischen Region zurückgeholt. Russische Truppen hatten die gleichnamige Hauptstadt Cherson bereits am 3. März erobert. Die Region ist wichtig für die Landwirtschaft und liegt nahe der Krim-Halbinsel, die Russland 2014 annektiert hatte.
Wir sehen, dass unsere Streitkräfte offen vorrücken. Die ukrainischen Truppen wechseln von der Defensive in die Gegenoffensive.
Serhij Chlan von der Militärverwaltung Chersons
Am Samstag griffen russische Truppen, wie berichtet, den Hafen von Odessa mit mehreren Raketen an. Dabei soll Infrastruktur zerstört worden sein. Erst einen Tag zuvor hatten die Ukraine und Russland ein Abkommen unterzeichnet, das den Export von ukrainischem Getreide ermöglichen soll. Odessa ist einer von drei Häfen, die dafür geöffnet werden sollten.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.