Schneider-Serie

In Wien zuhause, in Dornbirn daheim

Vorarlberg
31.07.2022 11:25

In seiner Reihe „Hier war ich glücklich“ begleitet der Autor Robert Schneider Vorarlberger an die Lieblingsplätze ihrer Kindheit. In Dornbirn traf er jüngst den die ORF-Lady Lisbeth Bischoff.

Lehrerskind und Pfarrershünd selten gut erzogen sind„, lacht Lisbeth Bischoff und schränkt gleich ein, dass das in ihrem Fall vermutlich nicht so gewesen sei. Sie war das Sandwich-Kind in der Familie, einer Lehrer-Dynastie, musste sich nach oben und nach unten behaupten. Vielleicht auch deshalb das Unprätentiöse, das sie ausstrahlt, den grundsätzlichen Pragmatismus dem Leben gegenüber. „Schön war ich auch nicht, aber immer mit mir zufrieden. Das war mein Glück.“ Ich treffe Lisbeth Bischoff im Dornbirner Fußballstadion Birkenwiese. Das war der Lieblingsplatz ihrer Kindheit, weil ihr Vater Pressesprecher des FC Dornbirn war. “Im Fußball kenne ich mich aus. Da macht mir keiner was vor. Bis heute. Ich war nämlich immer mit dabei. Der Papa gab mir einen Schilling, und davon konnte ich am Kiosk einen Tag lang satt werden.„ Sie war jahrzehntelang die bekannteste Gesellschaftsjournalistin des ORF und das eigentliche Gesicht der überhaupt erfolgreichsten Sendung - die “Seitenblicke„. Alle hat sie vor der Kamera gehabt. Kevin Costner, Tom Hanks, Brigitte Bardot, Bryan Adams, Fürst Albert von Monaco. Niemand kennt den Glanz und das Elend der Reichen, Schönen und Berühmten so wie sie. Nie hat sie sich wirklich davon beeindrucken oder verführen lassen. “Weil ich einfach nicht vergessen habe, woher ich komme und wo mein Platz ist." Dabei hat alles ganz anders angefangen:

Ihr Vater war viele Jahre Pressesprecher des FC Dornbirn, die Heimspiele waren folglich Pflicht. Lisbeth Bischoff denkt gerne an diese Zeit zurück: „Der Papa gab mir einen Schilling, und davon konnte ich am Kiosk einen Tag lang satt werden.“ (Bild: Mathis Fotografie)
Ihr Vater war viele Jahre Pressesprecher des FC Dornbirn, die Heimspiele waren folglich Pflicht. Lisbeth Bischoff denkt gerne an diese Zeit zurück: „Der Papa gab mir einen Schilling, und davon konnte ich am Kiosk einen Tag lang satt werden.“

Robert Schneider:  Sie wollten eigentlich Schnittdirektrice werden.
Liabeth Bischoff: Ja, ich habe die Textilschule in Dornbirn besucht und hatte schon einen Platz in einer entsprechenden Schule in Frankfurt. Weil ich ein Septemberkind bin, musste ich ein Jahr lang überbrücken, und so kam ich als Stenotypistin - diesen Beruf gibt es gar nicht mehr - zum ORF. Damals war der ORF noch im Dornbirner Rathaus untergebracht. Meingott! So alt bin ich? Ich feiere heuer das 50-jährige Berufsjubiläum. Ich war damals mit sechzehn die jüngste Dienstnehmerin. Heute bin ich die älteste.

Schneider: Und warum sind Sie beim ORF hängen geblieben?
Bischoff: Weil es mich zu interessieren anfing. Ich habe Tee gekocht für den Intendanten, an der Kopiermaschine kopiert. Wenn Not am Mann war, hieß es immer: Fragt die Lisbeth. Die macht das bestimmt. So durfte ich überall reinschauen und lernen, egal, ob ich dafür bezahlt wurde oder nicht. Im aktuellen Dienst zum Beispiel. Familienfunk. Lawinenunglücke. Ich war einfach wahnsinnig wissbegierig. Parallel dazu besuchte ich sicherheitshalber die Abendhandelsakademie, wo ich auch maturiert habe.

Robert Schneider im Interview mit Lisbeth Bischoff. (Bild: Mathis Fotografie)
Robert Schneider im Interview mit Lisbeth Bischoff.

Schneider: Bis eines Tages ein Herr aus Wien anrief?
Bischoff: Richtig. Der fragte unverblümt: Wollen Sie ewig in diesem Kaff sitzen? Wir hätten was für Sie. Eine neue Sendung - Seitenblicke. Dr. Leonhard Paulmichl, der damalige Intendant, ließ mich ziehen, und zehn Tage später bin ich nach Wien übersiedelt. Natürlich gab es zuerst einen Familienrat. Wien war damals noch weit weg. Meine Eltern meinten: Wenn alle Stricke reißen, kommst du halt wieder zurück. Wir sind immer da.

Schneider: Eine fast kometenhafte Karriere für eine junge Journalistin aus dem Ländle.
Bischoff: So einfach war das nicht. Der Job war nicht gut bezahlt. Ich machte daneben Verkehrsfunk, Wochenenddienste, die niemand wollte, und arbeitete immer noch für Ö3. Die Seitenblicke wurden ja von einer Fremdfirma produziert. Bis ich eines Tages frech genug war, der Redaktion eine haarsträubende Geschichte anzubieten: Ich bringe euch den Franz Klammer, wie er mit seinem ersten Baby aus dem Spital kommt. Allgemeines Gelächter und Augenverdrehen. Was die aber nicht wussten, war, dass Klammers Frau eine Dornbirnerin ist. So fing das an.

In Dornbirn ist Lisbeth Bischoff daheim. (Bild: Mathis Fotografie)
In Dornbirn ist Lisbeth Bischoff daheim.

Schneider: Gab es da keine Ermüdung? Immer dieselbe Society
Bischoff: Doch. Das wurde allmählich fad. Dann kam mir aber die Idee, dass der Adel eigentlich vollkommen fehlt. Ich erinnere mich noch gut. Ich habe alle Adelshäuser von Hand angeschrieben, hartnäckig, immer wieder, bis ich eines Tages vom dänischen Königshaus eine Zusage erhielt. Morgen in Kopenhagen. Ich hatte nicht einmal ein Abendkleid. Die Königin selbst ließ einen Bediensteten kommen und sagte: Frau Bischoff braucht ein Abendkleid.

Schneider: Ihr Interview mit Brigitte Bardot ist legendär.
Bischoff: Der Anlass waren ihre Memoiren. Jeden Tag, aber wirklich jeden Tag, schickte ich ein Telegramm an ihren Verlag mit der Bitte um ein Interview. Ein Dreivierteljahr später erhielt ich Antwort: Morgen in Paris in dem und dem Hotel. Exklusiv, zwanzig Minuten. Ich musste unterschreiben, dass ich alle Fernsehanstalten damit beliefere. Werde ich schon irgendwie hinkriegen, dachte ich. Hatte keine Ahnung, was ich da unterschrieb. Aber die Naivität wurde belohnt. Ich wusste natürlich, wie sehr sie Journalisten hasste. Also dachte ich, sprich das gleich direkt an: Frau Bardot, ich weiß, wie sehr sie die Medien verachten. Machen wir das Beste daraus. Ich überreichte ihr eine Sacher-Torte. Frau Bardot umarmte mich plötzlich, und es wurde ein unglaublich berührendes Interview, wo sie ganz offen erzählte, dass sie niemals das Sex-Symbol sein wollte, zu dem sie gemacht worden war. Tragisch. Ein Leben voller Missverständnisse.

Schneider: Von Ihnen gibt es die letzten Innenaufnahmen des World-Trade-Centers. Wie kam das?
Bischoff: Im Herbst reiste ich immer zu den Modeschauen nach New York. Es ergab sich, dass ich den Steirer-Ball im World Trade Center drehen sollte. Noch in derselben Nacht flog ich zurück, um am anderen Morgen das Material zu schneiden. Da sagte jemand zu mir: Du, das World-Trade-Center steht nicht mehr.

Schneider: Sie leben wieder in Dornbirn. Wieso?
Bischoff: In Wien bin ich zuhause, aber in Dornbirn bin ich daheim.

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