„Denke wie Nehammer“

Orban-Aussagen überschatteten Besuch in Wien

Politik
28.07.2022 14:59

Eigentlich sollte sich der Wien-Besuch des ungarischen Premierministers Viktor Orbán vorrangig um die Themen Migration und Energiekrise drehen. Überschattet wurde das Treffen mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) jedoch von Orbáns umstrittenen Aussagen zu „Rassenvermischung“ und Gaskammern. Sowohl Nehammer als auch Orbán sparten nach ihrem Treffen zudem nicht mit Kritik an der EU.

Gleich zu Beginn der gemeinsamen Pressekonferenz am Donnerstag erklärte Nehammer, dass Orbáns geschmacklose Äußerungen in Österreich auf keinerlei Gegenliebe stießen. Nichtsdestotrotz bekräftigten die beiden Politiker die besonders guten Verbindungen zwischen den Ländern.

Nehammer und Orbán waren sich einig, dass man in einigen Fragen uneinig ist. Dennoch gebe es eine tiefe Verbundenheit zwischen Österreich und Ungarn. (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)
Nehammer und Orbán waren sich einig, dass man in einigen Fragen uneinig ist. Dennoch gebe es eine tiefe Verbundenheit zwischen Österreich und Ungarn.

Man habe hierzulande aufgrund seiner eigenen Vergangenheit auch eine historische Verantwortung und daher keinerlei Verständnis für Rassismus und Antisemitismus, betonte er. Nehammer habe dies auch Orbán gegenüber klar kommuniziert - unter „guten Freunden“ sei schließlich „Ehrlichkeit oberstes Gebot“, so der Kanzler.

Kritik prallt an Orbán ab
Der ungarische Premier selbst ließ die Kritik an ihm nicht gelten. Er sei nicht von Haus aus Rassist und begründe seine Ablehnung gegenüber jeglicher Form der Migration „nicht auf biologischen, sondern auf kulturellen Fragen“. In Sachen Antisemitismus denke er zudem wie Nehammer, erlaubte er sich einen kleinen Seitenhieb - in Ungarn gebe es jedenfalls null Toleranz zu Antisemitismus.

Dennoch betonte Orbán: „Ich bin der einzige offen einwanderungsfeindliche Politiker in der EU.“ „Ich will nicht, dass die Migration sich verstärkt.“ Mit einem Seitenhieb auf den Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund an der österreichischen Bevölkerung sagte er: „In Ihrem Land haben die diesbezüglichen Probleme eine ganz andere Größenordnung“ als in Ungarn.

Video: Proteste gegen Orban in Wien

Gasspeicherung „wird so nicht funktionieren“
Abseits der brisanten Aussagen widmete man das Treffen aber vor allem der Energie- und Migrationspolitik. Nehammer kritisierte in dem Zusammenhang vor allem die Langsamkeit der EU-Kommission beim gemeinsamen Gaseinkauf. „Eine gemeinsame Energieplattform wäre wichtiger denn je“, so Nehammer, damit sich die EU-Länder gegenseitig keine Konkurrenz machten.

Damit zog er auch Zweifel an der Umsetzbarkeit der von der EU festgelegten 80 Prozent Speicherfüllung bis in den Herbst, die „so nicht funktionieren“ würde, richtete er der Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen aus.

Schon die Begrüßung am Ballhausplatz verlief ungewöhnlich verhalten - Demonstranten empfingen Orbán zudem mit einem Pfeifkonzert. (Bild: AP/Theresa Wey)
Schon die Begrüßung am Ballhausplatz verlief ungewöhnlich verhalten - Demonstranten empfingen Orbán zudem mit einem Pfeifkonzert.

Orbán wettert gegen „Kriegswirtschaft“
Orbán kritisierte seinerseits grundsätzlich die Sanktionsstrategie der EU gegen Russland als Mittel zur Beendigung des Ukraine-Krieges, und warnte dabei auch vor künftiger Kriegswirtschaft und Rezession.

Eine vorgeschriebene Rationierung des Erdgases „ist das erste Zeichen einer Kriegswirtschaft“, so Orbán nach einem Treffen mit Nehammer. Wenn der Krieg nicht bald endet, würde das zu einer Rezession und in weiterer Folge zu Massenarbeitslosigkeit in Europa führen, warnte er.

„Sanktionen dürfen nicht dem mehr schaden, der sie beschließt“
Nehammer stimmte einer Evaluierung der Sanktionsmaßnahmen zwar grundsätzlich zu, meinte aber, dass „der Zeitpunkt noch zu früh“ sei. Die Sanktionen gegen Russland würden früher oder später wirken, gab er sich zuversichtlich.

Gleichzeitig gelte aber das Prinzip: „Sanktionen müssen den mehr treffen, gegen den sie gerichtet sind, aber nicht dem mehr schaden, der sie beschließt.“

Atom-Aus nur mit ungarischen Kraftwerken in Österreich
Der ungarische Regierungschef betonte seinerseits mit Blick auf den Gas-Notfallplan der EU, dass sein Land sich „nicht freut, wenn uns Rechte weggenommen werden“, da bisher die Energiewirtschaft in der Zuständigkeit der EU-Mitgliedsländer stand. Auch in Sachen Atomenergie zeigte sich Orbán nicht gesprächsbereit - er akzeptiere, dass Österreich hier anderer Meinung sei, sofern Ungarn aber keine Wasserkraftwerke in Österreich bauen dürfte, werde es keinen Ausstieg aus der Kernenergie geben, meinte er salopp.

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