„Gefährliche Lage“
Luftalarm und Schüsse an kosovarischer Grenze
Im überwiegend serbisch bevölkerten Norden des Kosovo haben militante Serben am Sonntag Barrikaden errichtet. Unbekannte hätten außerdem Schüsse in Richtung kosovarischer Polizisten abgegeben, verletzt worden sei dabei niemand, teilte die Polizei in Pristina am späten Sonntagabend mit. Grund für die Spannungen ist, dass die kosovarischen Behörden ab Montag 0 Uhr an den Grenzübergängen keine serbischen Personaldokumente mehr anerkennen. Serben mit derartigen Papieren müssen sich an der Grenze ein provisorisches Dokument ausstellen lassen. Die kosovarische Seite reagiert damit auf ähnliche Regelungen im Nachbarland, das die Unabhängigkeit des Kosovo nach wie vor nicht anerkennt.
Kosovarische Bürger müssen sich schon seit längerer Zeit beim Grenzübertritt nach Serbien ein provisorisches Dokument ausstellen lassen, weil die serbischen Behörden die kosovarischen Papiere nicht anerkennen. Serbiens Präsident Aleksandar Vucic betonte in einer TV-Rede am Sonntag, dass der Kosovo nach der serbischen Verfassung weiterhin ein Teil Serbiens sei. „Wir greifen aber nicht jeden Tag zu den Waffen, um den Kosovo zurück in den Verfassungsrahmen Serbiens zu bringen. Wir wollen keinen Konflikt und keinen Krieg“, betonte Vucic, der gleichwohl einräumte, dass die Lage für das serbische Volk noch nie so schwierig gewesen sei wie heute.
In sozialen Medien überschlugen sich indes Berichte über angebliche Vorfälle in der früheren südserbischen Provinz. Das serbische Verteidigungsministerium musste auch Spekulationen entgegentreten, es habe die Grenze zum Kosovo überschritten. In einer am Abend verbreiteten Mitteilung hieß es aber vielsagend, dass die serbische Armee „bis jetzt“ noch nicht die Verwaltungsgrenze überschritten habe. Die Journalistin Una Hajdari hat in ausführlichen Tweets zur aktuellen Situation geäußert und auch erklärt, dass die auch am Sonntag wahrnehmbaren Sirenen häufig auch während Einsätzen der kosovarischen Polizei ertönen, damit die Zivilbevölkerung wisse, dass es sicherer sei, nicht auf die Straße zu gehen. Damit wollte Hajdari die alarmistischen Meldungen in den sozialen Medien ein wenig zurechtrücken.
Vucic: „Pristina will sich zum Opfer stilisieren“
Noch mehr Öl ins Feuer goss Vucic mit seiner Rede. Der Staatschef warf dem kosovarischen Ministerpräsidenten Albin Kurti vor, im Windschatten des Ukraine-Kriegs Fakten schaffen zu wollen. „Das Regime in Pristina will sich zum Opfer stilisieren und die Putin-Karte spielen, mit Kurti in der Rolle des Selenskyj“, sagte der serbische Präsident in einer Fernsehansprache. Vladimir Djukanovic, Mitglied der Regierungspartei, erwähnte auch das Wort „Entnazifizierung“ - ein Begriff, den auch der Kreml als Rechtfertigung für seinen Angriff auf die Ukraine ins Treffen führt.
Der Kosovo hat sich im Jahr 2008 einseitig von Serbien für unabhängig erklärt, wobei dieser Schritt von den meisten westlichen Staaten anerkannt wurde. Neben Serbien und der UNO-Vetomacht Russland haben aber auch fünf EU-Staaten diesen Schritt nicht gesetzt, weswegen der völkerrechtliche Status des Kosovo weiterhin umstritten ist.
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