Ein Bericht der Staatsanwaltschaft Wien legt nahe, dass die ehemalige Familienministerin Sophie Karmasin Rechnungen bewusst später legte, um ihre Entgeltfortzahlungen von 72.000 Euro als Spitzenpolitikerin kassieren zu können.
Für Sophie Karmasin läuft es gar nicht gut. Mittwoch die Nachricht, dass ihre ehemalige Mitarbeiterin Sabine Beinschab Kronzeugin wird. Den Status erarbeitete sich Beinschab, weil sie gegen die Ex-Familienministerin neue strafrechtlich relevante Details auspackte. 24 Stunden später wandert eine 100-seitige Analyse der Staatsanwaltschaft in den Strafakt, die auflistet, wie Karmasin in den ersten sechs Monaten nach ihrem Ausscheiden aus der Regierung offenbar gleich doppelt abkassieren wollte.
Die Story an sich wurde bereits vor vier Monaten vom ORF aufgedeckt, der Bericht enthält nun neue Einzelheiten.
Gehaltsfortzahlung beantragt
Politiker, die aus dem Amt ausscheiden und keinen Beruf ausüben können, bekommen auf Antrag weiter 75 Prozent der Monatsbezüge für maximal sechs Monate. Karmasin hatte nach Ende ihrer Amtszeit eine Gehaltsfortzahlung beantragt, obwohl sie andere Einkünfte hatte.
Bereits mehr als 74.000 Euro zurückgezahlt
Als das bekannt wurde, war die Meinungsforscherin um Schadensbegrenzung bemüht. Sie zahlte mehr als 74.000 Euro zurück. Ihr Statement von damals: „Es ist mir wichtig zu betonen, dass ich keinesfalls gegen die gesetzlichen Vorgaben verstoßen wollte.“
Bitte aber noch nicht verrechnen, erst Juni. Ich darf nix verdienen.
Sophie Karmasin laut einem Bericht der Staatsanwaltschaft Wien
Das liest sich im Bericht nun allerdings ganz anders. Im Zeitraum von Dezember 2017 bis Ende Mai 2018 organisierte Beinschab Impulsreferate für Karmasin - etwa für die „Politische Akademie der ÖVP“, für eine Fachtagung in Südtirol oder für eine Eventagentur. Karmasin bat Beinschab damals laut Staatsanwaltschaft, erst im Juni 2018 die Rechnung zu legen. Als Grund gab sie demnach in einem Mail an: „Bitte aber noch nicht verrechnen, erst Juni. Ich darf nix verdienen.“
Abrechnungen für mehrere Projekte
Ein eindeutiges Indiz dafür, dass Karmasin sehr wohl die gesetzliche Regelung kannte, aber offenbar tricksen wollte. In diesen sechs Monaten schrieb sie auch emsig Angebote auf Firmenbriefpapier. Bei der Sichtung der geöffneten Konten fanden sich nach demselben Muster Abrechnungen für Projekte, etwa für das Red Bull Media House.
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