Nach dem Drama in St. Johann klären die ÖBB über die tödlichen Gefahren auf Tirols Gleisanlagen auf. Vor allem den Bremsweg eines Zuges sollte man nicht unterschätzen. Er kann bis zu 1,5 Kilometer betragen.
Zu einer schrecklichen Tragödie kam es, wie berichtet, am Mittwoch kurz nach 17 Uhr bei der Egger-Kreuzung in St. Johann. Ein 35-jähriger Autolenker aus Saudi-Arabien blieb wegen eines Staus auf dem Bahnübergang stehen. Durch Schreie von Augenzeugen wurden die Insassen auf einen herannahenden Zug aufmerksam.
Während sich die Ehefrau (34) und zwei Kinder (7 und 11) noch retten konnten, wurde der Sohn (4) bei dem Crash sofort tödlich verletzt. Der Lenker erlag am Abend in der Innsbrucker Klinik seinen Verletzungen.
In letzten drei Jahren „nur“ ein Todesopfer zu beklagen
Derartige Tragödien sind zwar selten, kommen aber doch immer wieder vor. Im Vorjahr gab es sieben Unfälle mit einem Todesopfer, zwei leicht verletzten und einer schwer verletzten Person. 2020 zählte man bei zwei Unfällen vier leicht verletzte Personen, Tote waren nicht zu beklagen. Ebenfalls kein Todesopfer gab es bei fünf Unfällen im Jahr 2019, jedoch zwei leicht und ein schwer verletztes Opfer.
In Summe gibt es in Tirol 112 Eisenbahnkreuzungen, davon sind 60 Prozent technisch gesichert, also mit Lichtzeichen bzw. Lichtzeichen und Schranken versehen. Die anderen 40 Prozent nicht technisch gesicherten Übergänge sind mit einem Andreaskreuz und einer Stopptafel versehen.
Der Bremsweg eines Railjets kann bei der Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h bis zu 1,5 Kilometer betragen.
Christoph Gasser-Mair
Railjet mit 230 km/h hat 1,5 Kilometer Bremsweg
Wie gefährlich die Züge sein können, erklärt ÖBB-Pressesprecher Christoph Gasser-Mair im Gespräch mit der „Tiroler Krone“: „Der Bremsweg eines Railjets kann bei der Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h bis zu 1,5 Kilometer betragen.“ Neben der Geschwindigkeit hängt der Bremsweg auch von den Wetterverhältnissen ab. Trotz Schnellbremsung lasse sich ein Zusammenstoß in den meisten Fällen also nicht mehr verhindern.
Ab wann die Schranken bei einer Eisenbahnkreuzung heruntergelassen werden, wird für jede Anlage individuell ermittelt. „Sollte es tatsächlich dazu kommen, dass ein Fahrzeug von den Schranken eingeschlossen wird, sollte der Fahrer Gas geben“, klärt Gasser-Mair weiter auf.
„Schranken so konstruiert, dass sie nachgeben“
Die Schranken sind nämlich derart konstruiert, dass sie durch Druck mit einem Auto entweder nach oben aufgehen, sich verbiegen lassen oder abbrechen und damit das Verlassen möglich machen. Falls es - wie in St. Johann - doch zu einer tödlichen Tragödie kommt, bekommen auch die Lokführer professionelle Hilfe.
„Sie werden sofort abgelöst und bekommen sowohl akute psychologische Betreuung als auch die notwendige Zeit über die gesetzliche Frist von 72 Stunden hinaus, um die belastenden Ereignisse verarbeiten zu können. Wenn gewünscht und erforderlich, auch mit weiterer psychologischer Unterstützung“, sagt der Sprecher abschließend.
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