Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage ist das Atomkraftwerk Saporischschja in der Ukraine unter Beschuss geraten. Bei dem Angriff in der Nacht auf Sonntag wurde ein Lager für abgebrannten Kernbrennstoff getroffen. Zudem wurden Sensoren zur Strahlenmessung beschädigt, meldete die ukrainische Atombehörde Energoatom. Sie beschuldigte die Russen, die das Gelände besetzt halten, das Gebäude selbst beschossen zu haben. Russland wirft hingegen der Ukraine vor, eine Rakete auf das AKW abgefeuert zu haben.
Bei der Attacke auf das größte Kernkraftwerk Europas sei auch ein Arbeiter verletzt worden, teilte Energoatom am Sonntag mit. Kurz vor der Explosion hätten sich zudem Hunderte Mitglieder der russischen Besatzung in Bunkern versteckt. Die Angaben beider Seiten ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Erst am vergangenen Freitag hatten sich Moskau und Kiew gegenseitig für den Beschuss der riesigen Anlage verantwortlich gemacht. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) drängte daraufhin erneut auf Zugang zu dem Kraftwerk, das die Russen im Zuge des seit fast einem halben Jahr andauernden Kriegs besetzt haben.
IAEA warnt vor „nuklearer Katastrophe“
Der jüngste Angriff unterstreiche „die sehr reale Gefahr einer nuklearen Katastrophe, die die öffentliche Gesundheit und die Umwelt in der Ukraine und darüber hinaus bedrohen könnte“, sagte IAEA-Chef Rafael Grossi am Samstag. Jede militärische Feuerkraft, die auf die Anlage gerichtet sei oder von ihr ausgehe, wäre „ein Spiel mit dem Feuer“. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nannte den Angriff in einer Videobotschaft (siehe oben) einen „Akt den Terrors“, für den Russland die Verantwortung übernehmen müsse.
Unterdessen will Russlands Armee tonnenweise Munition zerstört haben, die NATO-Staaten an die Ukraine geliefert haben. In der südukrainischen Region Mykolajiw sei ein Lager mit insgesamt 45.000 Tonnen Munition getroffen worden, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Unabhängig überprüfen ließ sich das nicht. Konaschenkow berichtete zudem von fünf weiteren Waffenlagern, die angegriffen worden seien - eines davon im besonders schwer umkämpften östlichen Gebiet Donezk.
Russland verlegt Truppen nach Weißrussland
Im seit fünfeinhalb Monaten andauernden Angriffskrieg ist Weißrussland ein wichtiger Verbündeter Russlands, auch wenn die frühere Sowjetrepublik nie offiziell an der Invasion beteiligt war. Angaben des ukrainischen Generalstabs zufolge verlegt Russland weiter Kriegstechnik nach Weißrussland. Unter anderem im Grenzbereich zum westukrainischen Gebiet Wolhynien würden auf weißrussischem Gebiet zusätzliche Kräfte und Ausrüstung zur Luftverteidigung stationiert, teilte der Generalstab in Kiew am Sonntag mit.
Der autoritäre Machthaber Alexander Lukaschenko hat bereits kurz nach Beginn der Invasion Ende Februar eingeräumt, dass von weißrussischem Staatsgebiet russische Raketen in Richtung Ukraine abgefeuert wurden. Lukaschenko gilt als enger Partner von Kremlchef Wladimir Putin. Ins Ausland geflohene weißrussische Oppositionelle beschuldigen Lukaschenkos Machtapparat der Kollaboration.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.