Häuslbauer klagt

Hürdenlauf: Weg zum Sonnenstrom gleicht Lotterie

Tirol
10.08.2022 16:00

Gebetsmühlenartig hören wir fast täglich den Appell, Fotovoltaikanlagen zur Abfederung der Energiekrise zu installieren. Möchte man die staatliche Förderung, kann der Weg allerdings sehr steinig sein, wie ein Beispiel aus Tirol zeigt.

Raus aus fossilen, hin zu erneuerbaren Energieträgern. Die Botschaft kommt – unterstützt von explodierenden Energiepreisen – bei den Menschen an. Rein der Glaube daran beginnt zu schwinden, zumindest bei einem Tiroler. Er ließ auf seinem Neubau im Frühjahr eine nagelneue Fotovoltaikanlage (PV) auf dem Dach errichten, kann aber noch immer keinen Strom ins Netz einspeisen. Zurzeit verpuffen monatlich über 1000 Kilowattstunden (kWh) im Nirgendwo.

Nur viermal im Jahr die Chance einer Förderung
Mit der PV-Anlage von zehn kW/peak und einem Speichersystem möglichst hohe Stromautarkie erreichen - das war der Wunsch des Bauherrn. Natürlich mit Unterstützung der staatlichen Förderung, immerhin rund ein Viertel der Investitionskosten. Um diese zu lukrieren, hat die OeMAG, die Abwicklungsstelle für Ökostrom, sogenannte Fördercalls eingerichtet. Viermal im Jahr hat der Förderwerber - oft erledigt das die Errichterfirma - zu einem exakt definierten Zeitpunkt die Chance, online ein „Ticket“ für die Förderung zu ziehen.

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Beim Apriltermin war das Ganze nach acht Minuten vorbei.

Andreas Strasser von einem Milser Elektrounternehmen

Viele sprechen von einer Lotterie, denn man muss schnell sein. „Beim Apriltermin war das Ganze nach acht Minuten vorbei“, schildert Andreas Strasser von einem Milser Elektrounternehmen seine Erfahrungen, „da waren gerade einmal 20 Millionen Euro im Fördertopf“. Das Problem dabei: Die Information, ob man einer der glücklichen „Gewinner“ ist, erhält man erst nach Wochen.

„Das System krankt“
Aber man dürfte nun zumindest mit der Errichtung beginnen. Allerdings können jene, die sich eine Anlage ohne Förderzuschuss nicht leisten können, das Risiko einer Ablehnung nicht eingehen und müssen warten. Auch unser Häuslbauer musste auf den nächsten „Call“ am 21. Juni warten. Die Anlage ließ er trotzdem montieren. „Im Juni waren meines Wissens 60 Millionen Euro drinnen“, weiß Strasser, „allerdings vorgezogen vom Oktoberbudget. Dann wird sicher wieder aufgestockt, aber wir bekommen alle Informationen sehr spät. Das System krankt, die Förderstellen sind überlastet.“ Vom Juni-Termin seien immer noch 30 Anträge offen.

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Das Fördersystem des Bundes ist nicht zufriedenstellend und undurchsichtig.

Bruno Oberhuber, Chef von Energie Tirol

Zählpunkt kann bis zu zwölf Wochen dauern
Auch Bruno Oberhuber, Chef von Energie Tirol, spart nicht mit Kritik: „Das Fördersystem des Bundes ist nicht zufriedenstellend und undurchsichtig.“ Einen weiteren Verzögerungsaspekt bringt Markus Zöhrer von einer großen Landecker Elektrofirma ins (Lotterie-) Spiel: „Voraussetzung für die Förderung ist eine Zählpunktnummer eines Energieversorgers. Das kann bis zu zwölf Wochen dauern.“ Der Experte spricht von einer Verzehnfachung der Anfragen auf PV-Anlagen in seinem Unternehmen. Das Procedere müsste einfacher, transparenter und schneller sein, der Zeitraum bis zur Zu- oder Absage sei viel zu lang.

Im Juli 350 Euro verloren
Unser Häuslbauer hat glatt kürzlich – erste Antragstellung im April – die Zusage bekommen. Er hat mittlerweile aber mangels Einspeismöglichkeit in diesem Sonnensommer viel Geld verloren, denn die Vergütung der Tiwag für die eingespeiste Energie ist mit 30,73 Cent pro kWh so lukrativ wie noch nie. Im Juli wären das satte 350 Euro gewesen. Die Absurdität wird wahrscheinlich, dass die verlorene Einspeisvergütung in etwa die Höhe der Bundesförderung erreicht, denn sein PV-Betreuer meint, dass sich eine Einspeisung in diesem Jahr nicht mehr ausgehen wird.

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