Dringende Auffrischung

Virus im Abwasser: London drängt zur Polio-Impfung

Ausland
10.08.2022 15:01

Nachdem das Polio-Virus (Kinderlähmung) seit Februar bereits 116-mal im Londoner Abwasser nachgewiesen wurde, raten die britischen Gesundheitsbehörden nun dringend dazu, ihre Kinder dagegen impfen zu lassen. Konkret wird damit fast einer Million Kindern im Großraum London im Alter von einem bis neun Jahren ein solcher Schutz angeboten - auch bereits Geimpfte sollen eine Auffrischung erhalten.

Alle Eltern und Erziehungsberechtigte sollen innerhalb des nächsten Monats von ihrem Hausarzt kontaktiert werden, berichtete die BBC am Mittwoch. Polio galt in Großbritannien bereits als ausgerottet, nachdem ganz Europa im Jahr 2003 für poliofrei erklärt wurde. 

Verbreitung durch Lebendimpfstoff?
Die nun nachgewiesene Verbreitung dürfte auf einen Impfstoff zurückgehen, der in anderen Ländern der Welt eingesetzt wird - dieses oral eingenommene Mittel gilt zwar als sicher, verwendet jedoch das lebende Virus. Auf diese Art und Weise verleiht eine starke Immunität, kann aber in Gebieten, in denen die Impfrate nicht hoch genug ist, von Mensch zu Mensch übertragen werden. 

Die an sich sichere Schluckimpfung kommt in einigen Ländern der Welt zum Einsatz - dies kann sich aber in Regionen mit wenigen Geimpften fatal auswirken. (Bild: AFP/Asif HASSAN)
Die an sich sichere Schluckimpfung kommt in einigen Ländern der Welt zum Einsatz - dies kann sich aber in Regionen mit wenigen Geimpften fatal auswirken.

Bereits Mutationen nachgewiesen
Ein solcher Ausbruch kann durchaus problematisch werden, da das Virus durch eine solche Verbreitung mutieren, so den Schutz der bisher entwickelten Impfstoffe umgehen und dadurch wieder Lähmungen auslösen könnte. Bei den bisher entdeckten Proben handle es sich in den meisten Fällen um die sichere Form des Impfstoffs - „einige wenige“ würden aber bereits Mutationen mit sich bringen, die damit eine potenzielle Gefahr darstellen.

Laut Gesundheitsbehörden deutet die genetische Analyse darauf hin, dass die Verbreitung des Virus bislang „über ein enges Netz von wenigen Personen hinausgegangen ist.“ Mit den nun initiierten Auffrischungsimpfungen soll einerseits verhindert werden, dass sich ein Kind mit dem Virus ansteckt und möglicherweise gelähmt wird, sowie eine mögliche Infektionswelle gleich zu Beginn ausgebremst werden.

Fakten

Die meisten Infizierten haben keine Symptome, aber einige fühlen sich wie bei einer Grippe, mit:

  • hohem Fieber
  • Halsschmerzen
  • Kopfschmerzen
  • Magenschmerzen
  • Muskelkater
  • Krankheitsgefühl

Kinder erhalten bewährten Impfstoff
Es sei nun entscheidend, dass Eltern sicherstellen, dass ihre Kinder vollständig geimpft sind, betonte die Epidemiologin Vanessa Saliba gegenüber der BBC. Den Kindern werde der inaktivierte Impfstoff angeboten, der ein „totes“ Virus enthält und damit kein Risiko der Ausbreitung birgt. Diese Form des Polioimpfstoffs wird im Vereinigten Königreich bereits seit 2004 verwendet.

Die im Londoner Abwasser nachgewiesenen Proben stehen im Zusammenhang mit denjenigen, die zuvor in Jerusalem, Israel und im US-Bundesstaat New York gefunden wurden, wo bereits ein junger Erwachsener Lähmungen entwickelte. Gesundheitsminister Steve Barclay betonte jedoch, dass das Virus noch bei keinem Menschen in London nachgewiesen wurde - das Risiko für die breite Bevölkerung sei damit noch „gering”. 

Erkrankung mit gefährlichen Folgen
Polio beginnt als Bauchinfektion, weshalb es im Abwasser nachgewiesen werden kann. Zwischen einem von 100 und einem von 1000 Menschen entwickeln nach einer Erkrankung Lähmungen, wobei die meisten Fälle bei Kleinkindern auftreten.

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