Beim Klimaschutz ist es schon 5 nach 12 - welche Partei die besten Ideen hat und umsetzt, spielt deshalb für Lustenaus Gemeindeoberhaupt Kurt Fischer keine Rolle. Was ihn allerdings ärgert ist die Tatsache, dass in Vorarlberg bei den „grünen Themen“ zu wenig vorwärtsgeht. „Der Landtag hat 2019 den Klimanotstand ausgerufen. Was ist in den vergangenen drei Jahren auf Landesebene passiert?“, fragt er nicht ganz zu Unrecht.
In einigen Gemeinden hingegen scheint Handeln eher angesagt. In Lustenau etwa wurden zuletzt größere Entsiegelungsprojekte umgesetzt. Asphalt und Mauern weg, hieß es beispielsweise rundum die Hauptschule Kirchdorf. Grünflächen mit Wiese und Kies wurden angelegt, zusätzliche Bäume gepflanzt.
Jedes Jahr gibt es neue Hitzerekorde. Im Juni etwa waren es 36,5 Grad im Schatten. Eine geschlossene Asphaltfläche kann sich da auf über 60 Grad erhitzen
Grüne Vorarlberg-Klubchefin Eva Hammerer
Wie dringend notwendig weitere solcher Aktionen wären, verdeutlicht Eva Hammerer, Klubchefin der Vorarlberger Grünen. Jeden Tag werden in Vorarlberg nämlich rund 8000 Quadratmeter Boden verbraucht. Der Großteil davon wird schlicht und einfach zubetoniert. „Wasser und Luft können nicht mehr durchdringen, der versiegelte Boden verliert all seine Funktionen“, erklärt Hamerer. Klar ist: Wo kein Regenwasser mehr versickern kann, kann auch keines mehr verdunsten. Unterm Strich führt das zur Veränderung des Mikroklimas, zu höheren Temperaturen und eben auch dazu, dass sogenannte Hitze-Inseln entstehen. „Jedes Jahr gibt es neue Hitzerekorde. Im Juni etwa waren es 36,5 Grad im Schatten. Eine geschlossene Asphaltfläche kann sich da auf über 60 Grad erhitzen“, klagt die Klubchefin der Grünen.
Durch Hitze drohen vielen gesundheitliche Probleme
Von den Folgen betroffen seien besonders ältere und kranke Menschen sowie Schwangere und Kleinkinder, die unter hohen Temperaturen besonders leiden. „Für eine erhöhte Lebensqualität und zum Schutz vulnerabler Gruppen müssen aus Hitzeinseln wieder kühlende, grüne Inseln werden - hier zählt jeder Quadratmeter“, fordert die Klubobfrau.
Gefahr drohe aber auch bei Starkregenereignissen, die durch den Klimawandel ebenfalls zugenommen haben. „Ein Hektar funktioneller Boden speichert bis zu 2000 Kubikmeter Wasser und gibt es verzögert an Bäche und Flüsse ab“, weiß Experte Walter Fitz vom Ingenieurbüro „boden land wasser“. Jeder Tropfen Wasser, der nicht versickert oder verdunstet, muss über das öffentliche Kanalisationssystem abgeleitet werden. Ist dieses überlastet, kommt es zu Überschwemmungen.
Ideen der Grünen & politische Forderungen
„Die jahrzehntelange Fehlentwicklung ruft nach Strategien, die unsere intakten Böden schützen“, meint Bernie Weber, Sprecher der Grünen für Raumplanung. Er präsentiert insgesamt vier Ideen (siehe Infokasten), mit denen die Bodenversiegelung eingedämmt und eine Reduktion von Flächen erreicht werden soll.
Ihre Offensive zur Entsiegelung wollen die Grünen ab Herbst starten, die Ideen mit dem Regierungspartner diskutieren und entsprechenden Anträge im Landtag einreichen. Ganz billig wird dies Sache in keinem Fall. „Schätzungen zufolge kostet die Entsiegelung von einem Meter Straße zwischen 50.000 und 100.000 Euro. Günstiger ist es also, gar nicht erst zu versiegeln“, rechnet Umweltsprecher Christoph Metzler vor.
Entsiegelter Boden braucht eine lange Erholungszeit
Die Wiederbelebung von Böden ist jedoch nicht nur mit hohen Kosten verbunden - es dauert auch seine Zeit, bis Leben, Kleinst- und Kleintiere zurückkehrt oder Humus aufgebaut wird. Die Neubildung von zehn Zentimeter „Mutterboden“ dauert nämlich zwischen 1000 und 2000 Jahren.
Die neue, zehn Zentimeter dicke Humusschicht an der Hauptschule Kirchdorf in Lustenau kann also frühestens von den Kindern elf Generationen später bewundert werden...
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