Wem bringt es was?
EU-Länder: Debatte um Visa-Stopp für alle Russen
Finnland und Estland wollen russische Touristen aus Europa aussperren. Doch geht das? Und wem bringt es etwas?
Sollen russische Bürger Touristenvisa aus EU-Ländern bekommen? Eine Frage, die das moralische Empfinden vieler Menschen berührt. Die beiden Regierungschefinnen Finnlands und Estlands schlagen nun vor, die Vergabe von sämtlichen Touristenvisa an Russen zu stoppen.
Russische Touristen umgehen Flugverbot
Die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin sagte: „Es ist nicht richtig, dass Russen ein normales Leben führen, in Europa reisen und Touristen sein können, während Russland einen aggressiven, brutalen Angriffskrieg in Europa führt.“
Und Kaja Kallas, estnische Regierungschefin, fügt hinzu, „dass die Nachbarn Russlands die Last derer Länder tragen, die Visa an Russen ausstellen.“ Denn über Finnland und Estland umgehen russische Touristen das Flugverbot. Rechtlich ist die Lage schwierig. Etwa 100.000 der finnischen Visa haben eine Gültigkeit von fünf Jahren.
Es ist nicht richtig, dass Russen ein normales Leben führen, in Europa reisen und Touristen sein können, während Russland einen aggressiven, brutalen Angriffskrieg in Europa führt.
Die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin
Tschechien dafür, deutscher Kanzler dagegen
Dazu kommt der Wirtschaftsfaktor für die Grenzorte. Neben Finnland und Estland sprach sich auch Tschechien für einen EU-weiten Visa-Stopp aus. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz ist dagegen, da es Putins Krieg sei und er befürchte, dass die Wirksamkeit der Sanktionen gegen Russland abgeschwächt würden, „wenn sie sich gegen alle, auch gegen Unschuldige richten würden“.
Österreich bleibt bei „gezielten Sanktionen“
Ähnlich klingt es aus dem österreichischen Außenministerium. Laut Statistik Austria sind 2021 etwa 27.976 russische Staatsbürger mit Touristenvisum nach Österreich gereist. Die Sanktionen würden bereits gezielt jene Personen und Sektoren der russischen Wirtschaft treffen, die für den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verantwortlich sind, heißt es aus dem Außenministerium. „Mit einem allgemeinen Visa-Stopp wären noch vorhandene Kontakte zu der russischen Zivilgesellschaft kaum mehr möglich. Damit würden die Zivilgesellschaft und Oppositionelle, aber auch Angehörige von Österreichern aus der EU ausgesperrt.“
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Kommentar
Finnland und Estland sind direkte Nachbarländer Russlands und damit in einer permanenten Bedrohungslage. Somit ist ihr Wunsch nach härteren Maßnahmen nachvollziehbar. Die Propaganda des Kreml ist vordergründig darauf aufgebaut, dass „der Westen“ Krieg gegen Russland führt und man sich gegen den Aggressor zur Wehr setzt. Eine Sippenhaft in Form des Visa-Stopps würde die Propaganda nur bestätigen. Und es ist ohnehin nicht mehr Putins Krieg, sondern Russlands Krieg. Einen Visa-Stopp richtig finden muss man dennoch nicht.
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