Kampf gegen Schlepper
Zahlen steigen: Neue Flüchtlingsströme nach Europa
Der tragische Schlepper-Unfall im Burgenland hat es uns wieder einmal vor Augen geführt: Die Flüchtlingsströme Richtung Europa gehen unvermindert weiter. Das belegen jetzt auch neue Zahlen aus EU-Erstaufnahmeländern. So etwa haben heuer bereits 13.000 Flüchtlinge einen Asylantrag in der kleinen Inselrepublik Zypern gestellt. Die Mehrheit von ihnen kam aus der Türkei. Zudem haben heuer schon mehr als 20.000 Migranten die gefährliche Überfahrt auf kleinen Booten über den Ärmelkanal unternommen. Sie alle haben ein Ziel: ein besseres Leben in Europa. Das stellt Europas Asylpolitik vor große Herausforderungen - speziell im Kampf gegen die Schlepperkriminalität.
Zypern verzeichnet laut EU-Statistik gemessen an der Bevölkerungsgröße bei Weitem die meisten Asylanträge pro Jahr. Die Regierung in Nikosia hat deshalb wiederholt um Hilfe der EU gebeten. Mittlerweile machten Migranten ohne Aufenthaltsstatus rund vier Prozent der Bevölkerung des Südteils Zyperns aus, berichtete der staatliche Rundfunk.
Per Schlepper aus der Türkei nach Zypern
Die meisten Flüchtlinge werden nach Angaben zypriotischer Behörden von Schlepperbanden aus der Türkei in den Norden der Mittelmeerinsel gebracht, der von türkischen Truppen besetzt ist. Anschließend werden sie durch nicht gut bewachte Stellen der Trennungslinie in den Süden geschleust.
Zypern ist seit 1974 in einen größeren, mehrheitlich von Griechen bewohnten Teil im Süden und einen türkisch-zypriotischen Teil im Norden geteilt. Nur die Türkei erkennt Nordzypern als Staat an. Aufgrund der faktischen Teilung Zyperns übt die international anerkannte Republik Zypern die tatsächliche Kontrolle nur im Südteil der Insel aus.
Migranten auf Insel in griechisch-türkischem Grenzfluss gestrandet
Sei Sonntag ist zudem bekannt, dass knapp 40 Migranten seit Tagen auf einer kleinen Insel mitten im griechisch-türkischen Grenzfluss Evros feststecken. Die Menschen müssten dringend in Sicherheit gebracht werden, forderten griechische Parlamentsabgeordnete sowie Menschenrechtsorganisationen. Die griechische Polizei erklärte jedoch, die Kleininsel liege auf der türkischen Seite der Grenze.
Seit 2022 37.000 Flüchtlinge über Mittelmeer nach Italien
Auch Italien bekommt die neuen Flüchtlingsströme stark zu spüren. Circa 37.000 Menschen sind nach Fahrten über das Mittelmeer seit Anfang 2022 bei unseren südlichen Nachbarn eingetroffen. Im Vergleichszeitraum 2021 waren es 27.474 und im Jahr 2020 11.965 gewesen, wie das Innenministerium in Rom mitteilte.
Die Migranten-Ankünfte drohen zu einem heißen Wahlkampfthema in Italien zu werden. Das Land wählt am 25. September ein neues Parlament. Ein Bündnis aus Mitte-rechts-Parteien, darunter die ausländerfeindlichen Parteien Lega und Fratelli d‘Italia (Brüder Italiens/FdI), könnten laut Umfrage die Wahlen gewinnen.
Ärmelkanal: Überfahrten fast verdoppelt
Schauplatzwechsel. Mehr als 20.000 Migranten haben in diesem Jahr bereits die gefährliche Überfahrt auf kleinen Booten über den Ärmelkanal unternommen. Das geht aus offiziellen Zahlen der britischen Regierung hervor, wie die Nachrichtenagentur PA am Sonntag meldete. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr: Damals lag die Zahl zu dieser Zeit des Jahres erst bei 11.300. Insgesamt zählten die Behörden im vergangenen Jahr 28.526 Überquerungen.
Briten wollen bestimmte Asylsuchende ausfliegen
Die Überfahrten von Frankreich nach Großbritannien, die seit dem Brexit und der Corona-Pandemie unter anderem aufgrund strengerer Kontrollen auf den Landwegen zugenommen haben, sind der konservativen Regierung in London ein Dorn im Auge. Die Kontrolle über die eigenen Grenzen zu gewinnen, war eines der zentralen Versprechen der EU-Austritts-Kampagne. Die Briten wollen daher bestimmte Asylsuchende verschiedener Nationalitäten nach Ruanda ausfliegen und haben dafür einen umstrittenen Pakt mit dem ostafrikanischen Land geschlossen.
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Schon über 31.000 Asylanträge in Österreich
Viele der Flüchtlinge, die sich auf die Reise nach Europa gemacht haben, wollen auch nach Österreich. Laut den aktuellsten Daten (bereits Ende Juli veröffentlicht) haben im ersten Halbjahr 31.050 Migranten einen Asylantrag in Österreich gestellt. Die meisten davon stellten Migranten aus Afghanistan (7325), gefolgt von Syrien (6680), Tunesien (3810), Pakistan (3110) und Indien (2025). Bis zum 12. August wurden in diesem Jahr bereits knapp 330 Schlepper festgenommen, verwies Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) auf die Daten. Gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeute das ein Plus von 80 Festnahmen.
Karner kritisiert „Brutalität“ der Schleppermafia
Nach dem Unfall eines Schlepper-Fahrzeuges mit drei Toten und mehreren Schwerverletzten am Samstag im Burgenland kritisierte Karner das Vorgehen der Schlepper scharf. „Der tragische Tod von drei Menschen heute am Grenzübergang Kittsee zeigt einmal mehr die Brutalität und Skrupellosigkeit der Schleppermafia“, sagte er. Es müsse weiterhin entschlossen dagegen vorgegangen werden, betonte er.
Internationale Zusammenarbeit
Und fügte hinzu: „Eine glaubwürdige Asylpolitik ist untrennbar mit einem konsequenten Rückkehrsystem verknüpft. Wer kein Asyl erhält, muss in seine Heimat zurückkehren. Hier braucht es enge Absprachen zwischen den europäischen Mitgliedsstaaten und klare Botschaften an die Herkunfts- und Transitländer, die Schlepperkriminalität konsequent zu bekämpfen“, so Karner. Karner verwies auch auf die internationale Zusammenarbeit: Es sei bereits eine „Task Force“ von Ermittlern aus Ungarn, Serbien und Österreich eingesetzt worden, eine erste „Ermittlerkonferenz“ wurde bereits durchgeführt.
Eine glaubwürdige Asylpolitik ist untrennbar mit einem konsequenten Rückkehrsystem verknüpft. Wer kein Asyl erhält, muss in seine Heimat zurückkehren.
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP)
Migranten- und Schlepperbanden machen Grenzregionen unsicherer
Derzeit komme es an der der ungarisch-serbischen Grenze zum Teil auch zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Schlepper- und Schmugglerbanden, so Karner. Und auch in der Grenzregion zwischen Griechenland und Nordmazedonien machen Migranten- und Schlepperbanden die Gegend immer unsicherer.
Kürzlich kam es zu einem tödlichen Zwischenfall. Ein junger Mann aus Pakistan, der auf der Flucht nach Mitteleuropa war und überfallen wurde, ist totgeprügelt worden. Die griechische Polizei berichtete zudem von einer schwangeren Frau aus dem Libanon, die bei einem anderen Überfall ihr Kind verloren habe.
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