Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland erneut mit Nachdruck zum Rückzug aus dem Atomkraftwerk Saporischschja aufgefordert. Er warnte einmal mehr auch vor den Folgen einer möglichen nuklearen Katastrophe. Die internationale Gemeinschaft müsse handeln, weil sie durch Russlands Terror in Gefahr sei. „Wenn die Welt jetzt nicht die Kraft aufbringt und die Entschlossenheit, um eine Atomanlage zu schützen, dann heißt das, dass die Welt verliert“, sagte Selenskyj.
„Jeder radioaktive Zwischenfall im Atomkraftwerk Saporischschja könnte auch zu einem Schlag gegen die Staaten der Europäischen Union und gegen die Türkei und gegen Georgien und gegen die Staaten weiter entfernter Regionen werden“, betonte der Staatschef in seiner Videobotschaft am Montagabend. „Alles hängt nur von der Richtung und der Stärke des Windes ab.“
Seit Tagen wird das von Russland besetzte, größte Kernkraftwerk Europas beschossen. Die Ukraine und Russland machen sich gegenseitig dafür verantwortlich. Selenskyj sagte, dass Russland sich ohne Bedingungen aus dem AKW zurückziehen müsse. Zugleich bekräftigte er seine Forderungen vom Wochenende nach Sanktionen gegen den russischen Atomkonzern Rosatom und die gesamte Nuklearindustrie des „Terrorstaates“.
„Atomarer Terror“
Die Ukraine wirft Russland vor, mit dem Beschuss „atomaren Terror“ zu betreiben. Besatzungsvertreter Wladimir Rogow wiederum hatte mitgeteilt, ukrainische „Terroristen“ würden die Schüsse abfeuern. Er hatte auch eine Feuerpause vorgeschlagen. Eine von 42 Staaten geforderte Übergabe des Kernkraftwerks an die Ukraine lehnt Russland aber ab. Kiew hat das Kraftwerksgelände nach eigenen Angaben auch selbst bereits mit Kampfdrohnen angegriffen.
Die Lage um das Kraftwerk war auch Thema eines Gesprächs von Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu und UNO-Generalsekretär Antonio Guterres. Dabei seien die Bedingungen für einen sicheren Betrieb des AKW erörtert worden, teilte das Ministerium am Montag in Moskau mit. Die Vereinten Nationen in New York bestätigten das Telefonat. Details wurden nicht genannt.
UNO widerspricht Kreml
Russland hatte der UNO vorgeworfen, einen bereits vereinbarten Besuch von Experten der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) im letzten Moment gestoppt zu haben. Die Vereinten Nationen wiesen die Behauptung Moskaus nun offiziell zurück. Anders als von Moskau dargestellt, hätten die Vereinten Nationen eine Operation der IAEA weder verhindert noch blockiert. „Das UNO-Sekretariat ist nicht befugt, Aktivitäten der IAEA zu blockieren oder abzubrechen“, sagte UNO-Sprecher Stephane Dujarric am Montag in New York. Die IAEA handle unabhängig.
Dujarric betonte, dass die Ukraine eine IAEA-Mission von ukrainisch kontrolliertem Gebiet aus beschützen könne. Dennoch müsse es eine Einigung zwischen Russland und der Ukraine geben, schließlich befinde sich das Kraftwerk derzeit auf russisch kontrolliertem Territorium. Zuletzt hatte es Unstimmigkeiten darüber gegeben, wie ein Reiseweg der IAEA-Experten aussehen könnte. Eine Mission, die ausschließlich durch von Russland besetztes Gebiet geht - etwa über die Schwarzmeer-Halbinsel Krim - würde die Ukraine nicht erlauben.
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