Nach vier Monaten in Sicherheit in Graz ist eine ukrainische Familie zurück in die Heimat und somit in den Krieg gekehrt. Was sie dazu bewogen hat und was sie in ihrer zerstörten Stadt erwartet.
Viele Steirer haben mit ihnen gezittert. Als sie Bilder schickten aus dem Keller, während rundherum die Bomben auf ihren Heimatort Tschernihiv fielen. Als sie tapfer lächelten, nur für das Foto, um die „draußen“ zu beruhigen; immer nur mit dem Mund, nie mit den Augen.
Und so viele unserer Leser haben mit der Familie des Wahlgrazers Oleh Hlazkov gebangt, als ihr die Flucht durch den Bombenhagel und über verminte Straßen gelang - in die steirische Landeshauptstadt, in weiß-grüne Sicherheit. Die kleine Darina konnte ihren zehnten Geburtstag hier feiern, mit der Mama Yana, den Großeltern, sorglos für einen Moment. Doch der Papa war in der Ukraine. Jede Minute des Tages hatten sie auch hier Angst um ihn.
Große Sehnsucht nach dem Vater
Nach wenigen Monaten ist Olehs Familie jetzt zurückgekehrt. „Ich hatte selbst ehrlich gesagt keine Freude damit“, gibt der Grazer zu. „Doch im Moment haben die Angriffe zumindest auf Tschernihiv aufgehört, während der Krieg in anderen Teilen des Landes weiter tobt. Und die Familie wollte zum Vater.“
Ein verwüsteter Ort
Und kam zurück in den verwüsteten Ort. „Mein Bruder hatte Glück, sein Haus steht noch, auch wenn die Russen viel zerstört und mitgenommen haben“, so Oleh. „Und die Zurückgebliebenen haben versucht, so viel wie möglich anzupflanzen, um die Ernährungslage aufrechtzuerhalten.“
Wasser und Strom sind meist verfügbar. Darinas Schule ist zwar schwer beschädigt, aber der Unterricht geht weiter - immer wenn das Internet funktioniert.
Viele Leute sind sehr deprimiert, es fehlen ihnen die Perspektiven.
Oleh Hlazkov
„Es fehlen die Perspektiven“
Die Stimmung kann man sich vorstellen, sagt man in solchen Fällen gern. Das können wir aber nicht, hier, wo alles friedlich, jedes Lebensmittel zu jeder Zeit verfügbar ist. „Viele Leute sind sehr deprimiert, es fehlen ihnen die Perspektiven“, fasst es Oleh zusammen. „Es dauert alles schon zu lange.“
Mit seiner Mama telefoniert er jeden Tag, „oft muss ich sie aufbauen. Sie mussten einfach zurück - aber das heißt nicht, dass es ihnen leicht gefallen wäre. Oder die Lage dort einfach wäre“.
Große Sorge vor Unabhängigkeitstag
Mit größter Sorge sieht man auch dem 24. August entgegen, der Tag, an dem die Ukraine ihre Unabhängigkeit feiert. „Aber dieses Jahr werden sie nicht jubeln. Sie werden weinen.“ Zumal gerade da mit heftigen Angriffen gerechnet wird.
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