Bröckelt Solidarität?

Sanktionen: „Historisch gefährliche Situation“

Politik
23.08.2022 06:01

Maßnahmen gegen Russland bringen Emotionen. Die Teuerung explodiert. Muss man Kremlchef Wladimir Putin entgegenkommen? Die Politik ist uneins, Experten warnen vor den Auswirkungen.

„Es ist eine historisch gefährliche Situation“, sagt Othmar Karas zur „Krone“. Hier dürfe man keinesfalls politisches Kleingeld wechseln, warnt der EU-Politiker. Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ebenfalls ÖVP) hat zuletzt ohne Not und anstehende Landtagswahlen angesichts der Teuerung im Energiesektor und der Abhängigkeit vom russischen Rohstoff laut über ein mögliches Ende der Sanktionen nachgedacht. Für Kritiker reiner Populismus.

Karas: Sanktionen „einzige Waffe“ der EU
„Es darf keinen Rückfall in den Nationalismus geben. Eine derartige Destabilisierung ist das Ziel von Russlands Präsident Putin und Co.“, so Karas weiter. Die EU müsse gemeinsam auftreten. „Jeder, der sagt, ohne die Sanktionen würde es uns besser gehen, verkennt die Lage. Und streut Sand in die Augen der Menschen.“ Sanktionen seien die einzige Waffe, die die EU als Friedens-Union habe. Es sei ein wirksamer Bestrafungsmechanismus.

Othmar Karas (Bild: APA/Hans Punz)
Othmar Karas

Die Teuerung macht der Politik Druck
Zufrieden zeigt sich Karas, Vizepräsident des EU-Parlaments, mit der klaren Linie des Außenministeriums. Sanktionen bleiben und werden weiterentwickelt. Dem schließt sich auch der steirische Landeschef Christopher Drexler (ÖVP) an. Dennoch steht fest: Die Teuerung auch im Energiesektor betrifft 70 Prozent der Menschen, immer mehr wünschen daher ein Ende der Sanktionen - aktuell glauben mehr als 40 Prozent, dass die Sanktionen nicht die entsprechende Wirkung zeigen. Ein Ende der Sanktionen fordert vor allem die russlandfreundliche FPÖ seit geraumer Zeit.

Eine ukrainische Flagge am Areal des Weltkriegs-Museums in Kiew (Bild: APA/AFP/SERGEI SUPINSKY)
Eine ukrainische Flagge am Areal des Weltkriegs-Museums in Kiew

Ein gefährliches Spiel, wie nicht nur Helmut Brandstätter von den NEOS, sondern auch Russland-Experte Gerhard Mangott meint. „Wenn Herr Stelzer und andere meinen, die Sanktionen seien zu hinterfragen, weil sie mehr der österreichischen Bevölkerung schaden, ist es die Kapitulation vor einer Erpressung.“ Österreich werde, so ist der Professor aus Innsbruck überzeugt, weiter für Sanktionen stimmen. Obwohl die seit 2014 immer wieder in Österreich hinterfragt würden. 

Politikwissenschaftler Gerhard Mangott (Bild: ORF)
Politikwissenschaftler Gerhard Mangott

Treffen Sanktionen Russland mehr als EU?
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hält die Frage, ob die Sanktionen Russland mehr treffen als die EU, zwar für berechtigt, hat bei der Eröffnung des Europäischen Forums Alpbach aber klargestellt, dass die Sanktionen aufrechtzuerhalten seien.

Kein „ungarischer Pfad“ für Österreich
„Eine Art ungarischen Pfad für Österreich sehe ich nicht“, sagt Mangott in Anspielung an Viktor Orbans russlandfreundlichen Weg. Forderungen nach einem Aus der Sanktionen seien nicht nur unseriös, sondern es sei „auch abstoßend, hier innenpolitisches Kleingeld zu machen“. Würde Österreich gegen Sanktionen stimmen, würde das bedeuten, dass man bei anderen Fragen benachteiligt würde und stigmatisiert wäre als „Putins Büttel“. „Österreich kann sich das nicht leisten.“

Bizarre Auswüchse gibt es derweil auf unteren Etagen. Die deutsche „Bild“ titelt mit einer Schlagzeile einer feiernden Russin, die Putin preist und sich über die Ukraine lustig macht. In Deutschland werden erschwerte Einreisebedingungen für Russen debattiert. Die Dame feiert sicherheitshalber in Wien.

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