Klinik Favoriten, Klinik Floridsdorf, orthopädisches Spital Speising und nun die Klinik Ottakring - von diesen vier Wiener Spitälern sind bereits Gefährdungsanzeigen, die Mitarbeiter verfasst haben, an die Öffentlichkeit gelangt. Doch wie konnte es dazu kommen, dass sich die Situation in den Krankenhäusern immer mehr zuspitzt?
Arzt Raffael W., der in einem Krankenhaus der Stadt Wien tätig ist und anonym bleiben möchte, schildert der „Krone“ die Probleme.
„Krone“: Herr Doktor, wie konnte es so weit kommen?
Raffael W.: Begonnen hat es 2015 mit der Zentralisierung und der Zusammenlegung der Abteilungen. Doch ohne passende Infrastruktur, die nicht vorhanden ist, klappt das nicht. Die Unzufriedenheit hat seitdem extrem zugenommen. Pfleger und Ärzte wandern ab. Das hat am Anfang etwa dazu geführt, dass die Klinik Ottakring Radiologen als freie Mitarbeiter zukaufen musste. Diese haben aber keine Befunde geschrieben, weil sie zu wenig Zeit hatten. Das wurde nur mündlich weitergegeben, was grob fahrlässig war. Das ist jetzt zwar nicht mehr so, aber war schlimm.
Hat sich sonst nichts verbessert?
Es war ein Missmanagement von Anfang an. Man muss sich doch die Bevölkerungsdynamik der Stadt ansehen. Man hätte Ambulanzen und Abteilungen nie sperren dürfen. Zudem müssen weniger Leute mehr Arbeit machen. Das geht vielleicht eine Zeit gut, aber dann knallt es, so wie jetzt. Und wenn der Stadtrat (Anm. Peter Hacker, SPÖ) sagt, mehr Patienten sollen den niedergelassenen Bereich aufsuchen, ist das eine nette Idee, aber der ist nicht dafür ausgestattet. Viele Probleme sind ganz einfach hausgemacht und bestehen seit Jahren. Nicht nur Corona ist schuld an der derzeitigen Situation.
Wie gehen die Kollegen damit um?
Die Belastung ist so groß, viele gehen nicht mehr gerne in die Arbeit. Ich kenne Ärzte, die sagen, sie fahren weinend in die Arbeit und kommen mit einer Gastritis heim.
Wen sehen Sie in der Pflicht?
Wir haben oft versucht, die Probleme zu lösen. Aber wenn sich nichts tut, muss man an die Öffentlichkeit gehen. In der Pflicht ist der Gesundheitsverbund. Anstatt Millionen für die Umbenennung der Spitäler auszugeben, sollte in Infrastruktur und Personal investiert werden. Es müssen jene die Entscheidungen treffen, die auch eine Ahnung haben.
Wird es in Zukunft besser werden?
Ich sehe da schwarz, wenn sich nichts ändert. Die meisten jungen Ärzte tun sich das Spital nicht mehr an. Also werden Ärzte im Spital fehlen, aber genauso im niedergelassenen Bereich. Etwa bei den Kassenärzten, weil sich auch hier nichts tut.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.