Mit Brachial-Rhetorik hat Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka Angriffe gegen die ÖVP verurteilt. In einem Interview beklagte er den seiner Ansicht nach eskalierten ÖVP-Untersuchungsausschusses und Spekulationen rund um die Zukunft von Parteichef und Kanzler Karl Nehammer. Insgesamt werde „ein Vernichtungsfeldzug gegen die ÖVP“ geführt, so Sobotka. Kritik übte er auch an Politikern, die an den Russland-Sanktionen zweifeln.
Im Interview mit dem Nachrichtenmagazin „profil“ bewertete der Nationalratspräsident den Verlauf des ÖVP-Untersuchungsausschusses - dem er vorsitzt - negativ: „Ich habe den Eindruck, dass es zunehmend eskaliert. Sogar der Verfahrensrichter im U-Ausschuss moniert, man könne leicht den Eindruck eines Tribunals gewinnen.“ Er tadelte auch mediale Gerüchte rund um eine mögliche Ablöse von Parteiobmann Karl Nehammer - diese seien „klar aus dem Oppositionsbereich“ gekommen.
„Regierung mit bloßen Anzeigen fast gestürzt“
Unter welchen Bedingungen Ex-Kanzler Sebastian Kurz „schlussendlich weichen musste“, findet Sobotka nach wie vor „bedenklich“. Es irritiere ihn sehr, „dass man eine Regierung mit bloßen Anzeigen allein fast stürzen kann“, sagte der ÖVP-Politiker. „Ich hätte gern Beweise für ein belegbares Fehlverhalten am Tisch“, so Sobotka. Insgesamt werde „ein Vernichtungsfeldzug gegen die ÖVP“ geführt.
Dieser schwerwiegende Vorwurf verwundert, denn der Begriff ist historisch massiv belastet - führte doch NS-Deutschland einen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion. Das irritiert umso mehr, als Sobotka sonst ein Gespür für schwierige geschichtliche Themen beweist und sich etwa stark gegen Antisemitismus einsetzt.
Verteidigt EU-Sanktionen
Kritik übte der Nationalratspräsident auch am oberösterreichischen Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), der Zweifel an den EU-Sanktionen gegen Russland geäußert hatte. „Jeder, der von dieser europäischen Einigkeit abweicht, folgt letztlich dem russischen Narrativ. Die Sanktionen zeigen Wirkung in Russland. Wer das Gegenteil behauptet, spielt das Spiel von Putin“, so Sobotka im „profil“-Interview. Nicht Thomas Stelzer sei für die Sanktionen zuständig, sondern die Bundesregierung, richtete er seinem Parteikollegen aus.
„Ich interveniere bis heute“
Selber wies Sobotka Kritik an seinen publik gewordenen politischen Interventionen zurück: „Ich interveniere bis heute - in dem Sinn, dass ich mich für Menschen einsetze, die an mich herantreten, das ist letzten Endes meine Aufgabe als gewählter Mandatar.“ Er selbst habe nie jemanden bevorzugt, weil dieser ÖVP-Mitglied sei. Dass ihm - im U-Ausschuss - Parteilichkeit vorgeworfen wird, kommentiert Sobotka trocken: „Mir wird alles vorgeworfen. Ich bin in meinen 40 Jahren in der Politik unzählige Male angezeigt worden. Nie ist etwas rausgekommen. Es ist ein klares Muster, es heißt: Der Kurz muss weg. Der Blümel muss weg. Die Köstinger muss weg. Dieser Widerling Sobotka sitzt noch immer da.“
In der Corona-Politik habe die Bundesregierung nun „einen Weg wie die Schweiz eingeschlagen“, so Sobotka. Dies begrüße er sehr: „Nüchtern betrachtet hat die Schweiz bei gleichem Ergebnis weniger Geld für Corona-Hilfen verbraucht. Daraus müssen wir lernen.“
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