Die katholische Kirche leidet unter Priestermangel. Mittlerweile kommt jeder 5. Pfarrer aus dem Ausland. Viele der „Missionare der Neuzeit“ stammen aus Afrika, Polen oder Indien.
Wenn am heutigen Sonntag die Glocken die Gläubigen zur Messe rufen, so werden die Kirchgänger mittlerweile in jedem fünften Gotteshaus von einem Pfarrer empfangen, der nicht aus Österreich stammt. Man kann von einer „Mission der Neuzeit“ sprechen. Denn wie einst Missionare von Österreich aus in aller Herren Länder zogen, um das Evangelium zu verbreiten, strömen heute Hunderte Männer aus dem Ausland zu uns, um Messen zu lesen, Sakramente zu spenden, sprich: um verwaiste Pfarren zu betreuen.
Hilfe aus dem Ausland
Denn ebenso wie die Zahl der Messbesucher gesunken ist, fühlen sich bei uns immer weniger junge Männer zum Priester- oder Ordensamt berufen. Würden diese fehlenden Pfarrhirten nicht durch Geistliche aus dem Ausland ersetzt, müssten viele Gemeinden zu unüberschaubaren Groß-Pfarrkonglomeraten zusammengeschlossen werden. Und der einheimische Priester stünde – noch mehr als bereits jetzt – als „rasender Pfarrer“ unter enormem Zeitdruck, um zu Messen, Taufen, Hochzeiten, Begräbnissen und diversen kirchlichen Veranstaltungen zu eilen. Verständlich, dass dabei so manche seelsorgerische Obsorge auf der Strecke bleibt.
Nigerianer bringt Hoffnung vom Weinviertel bis Wien
Dr. Jacob Nwabor (53), Priester aus Nigeria, ist einer von Hunderten ausländischen „Rettungs-Geistlichen“. Er betreut in Wien-Brigittenau die Allerheiligenkirche mit Herz und Seele. Zuvor war der Sohn einer achtköpfigen afrikanischen Familie etliche Jahre in Drasenhofen (NÖ) stationiert. Dank seines offenen Zugangs zu den Menschen wurde dem beliebten Pfarrer bald die Leitung des Dekanats Poysdorf anvertraut.
Von Gemeinde gut aufgenommen
„Hat man Sie jemals mit rassistischen Sprüchen beschimpft und beleidigt? Zumal ja in den 1990er-Jahren viele Drogendealer aus Nigeria in Österreich Rauschgift verscherbelt haben sollen?“, so die direkte „Krone“-Frage. „Nein niemals. Bis jetzt bin ich mit den Österreichern extrem gut ausgekommen. Und ich hoffe, sie auch mit mir. Als überaus fleißige Menschen können sie stolz auf ihre großen Kulturschätze sein“, antwortet Mozart-Fan Nwabor schmunzelnd, „und Rauschgift braucht man im Weinviertel übrigens keines.“
Zum Priestermangel befragt, meint der schwarze Priester: „Da geht es um eine Berufung. Wir können Gottes Wege nicht steuern. Allerdings sehe ich meine Tätigkeit sowie die meiner Mitbrüder als umgekehrte Missionierung der Alpenrepublik. Einst habt ihr uns den Glauben gebracht – jetzt bringen wir ihn zurück!“
Aus Liebe das Priesteramt an den Nagel gehängt …
Als Ursache für den wachsenden Priestermangel wird von vielen der Zölibat, also die Ehelosigkeit, vermutet: Ob sich tatsächlich weit mehr Männer für das Priesteramt entscheiden würden, wenn sie heiraten könnten, war und ist ein kontroversielles Thema vieler innerkirchlicher Diskussionen bis hinauf zum Papst.
Aus der Sicht des Schreibers dieser Zeilen liegt die Antwort auf der Hand: Vier meiner Maturakollegen hatten sich 1980 fürs Priesterstudium entschieden. Einer wirkte danach als Missionar in Papua-Neuguinea, zwei wurden Augustiner Chorherrn, und der Vierte studierte im Wiener Priesterseminar – doch gleich drei dieser in ihren Bereichen geschätzten Gottesmänner legten ihre Ämter zurück. Wegen der Liebe! Sie heirateten, gründeten Familien und gingen der katholischen Kirche als Seelenhirten verloren. Ob sie nicht auch als verheiratete Geistliche – so wie in der evangelischen Kirche möglich – weiterhin viel Positives hätten bewirken können? Das weiß wohl allein der liebe Gott …
Könnten nicht auch Frauen Pfarren erfolgreich leiten?
Übrigens: In den meisten evangelischen, anglikanischen, altkatholischen Kirchen und anderen christlichen Gemeinschaften wurde im Laufe der Zeit die Zulassung weiblicher Kandidaten zu geistlichen Ämtern eingeführt. Ein Thema, über das der Vatikan nachdenkt. Vorerst wird aber auch weiterhin gebetet werden: Herr, gib uns Priester!
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