Vorwürfe, Ermittlungen

Donald Trump ist so verwundbar wie noch nie

Ausland
27.08.2022 22:07

Ex-Präsident Donald Trump hat das Fehlen der Macht des Weißen Hauses unterschätzt - und den neuen Justizminister Merrick Garland ebenfalls.

Er erbte im Wahlkampf 2016 den Spitznamen „Teflon Don“ von Ober-Mafiosi John Gotti, weil kein Skandal ihn zu schädigen schien. Nach außen hat sich nichts daran geändert, seitdem der 76-Jährige das Weiße Haus verlassen hat. Doch das ist ein Trugschluss. Denn sei es der Vorwurf von illegaler Wahlbeeinflussung in Georgia, Steuerhinterziehung durch seine Firma in New York, Anstiftung zum Sturm auf das Kapitol am 6. Jänner 2021 oder die Entwendung hochgeheimer Dokumente - die Vorwürfe gegen Trump kommen von allen Seiten.

Und zum ersten Mal in seinem Leben muss er fürchten, dass es ernsthafte juristische Konsequenzen für ihn gibt. Mit Justizminister Merrick Garland hat er nämlich einen Gegner, den die verbalen Salven des Ex-Präsidenten und von dessen Gefolgschaft nicht im Geringsten bei seinen methodischen Ermittlungen zu beeinflussen scheinen.

Trump ist juristisch in einer schwachen Position
Seitdem Trump nicht mehr in Amt und Würden ist, fehlt ihm eine wichtige Stütze: das US-Justizsystem, auf das er als US-Präsident Zugriff hatte. Als seine Anwälte vor dem Bezirksgericht in Florida erreichen wollten, dass das FBI die beschlagnahmten Akten nicht ohne Aufsicht einsehen darf, füllten sie den Antrag falsch aus. Peinlich.

Trump sieht sich, trotz zahlreicher schwerwiegender Vorwürfe, weiter im Recht. (Bild: AP/Julia Nikhinson)
Trump sieht sich, trotz zahlreicher schwerwiegender Vorwürfe, weiter im Recht.

Hinzu kommt, dass niemand mehr um Trump herum zu sein scheint, der dessen aufbrausendes Ego in Schach hält. So sabotiert sich der Ex-Präsident als sein eigener Sprecher und Strategie-Berater immer wieder juristisch selbst - oft nur um einen kurzfristigen PR-Sieg zu erringen. Trump geht es primär darum, lauthals recht zu haben und seine verhassten Rivalen mit oft völlig haltlosen Vorwürfen zu attackieren. Die damit verbundenen juristischen Konsequenzen ignoriert er - womit er sich nun selbst einen Strick gedreht haben könnte.

Dieser Demonstrant in New York City würde Donald Trump am liebsten in Häftlingskleidung sehen. (Bild: APA/AFP/TIMOTHY A. CLARY)
Dieser Demonstrant in New York City würde Donald Trump am liebsten in Häftlingskleidung sehen.

Trump ist nach wie vor davon überzeugt, dass ihm die Privilegien der Präsidentschaft zustehen - und er wird darin von seinen Anhängern bestätigt. Fakt ist aber, dass seine Immunität gegen Strafverfolgung aufgehoben ist. In privaten Kreisen soll Trump bereits seine Sorge kundgetan haben, dass man ihn wirklich belangen könnte.

Trump-Methoden helfen bei Garland nichts
Trumps Biograf Tim O’Brien: „Er war vor seiner Präsidentschaft noch niemals so sehr im Fadenkreuz von so vielen ernsthaften Ermittlungen. Ohne die Macht des Präsidentenamtes ist er in der juristisch schwächsten Position seines Lebens!“

US-Justizminister Merrick Garland (Bild: AFP or licensors)
US-Justizminister Merrick Garland

Trump wäre nicht Trump, wenn er deshalb das einzig Richtige tun würde: sich schweigend zurückzuziehen und die Dinge in die Hände eines fähigen Teams von Anwälten zu legen. Stattdessen bleibt er bei der bewährten Attacken-Strategie seines langjährigen Anwalts Roy Cohn: die Ermittler der Gegenseite zu dämonisieren, seine Verbündeten durch Drohungen bei der Stange zu halten und sich öffentlich als Opfer einer Hexenjagd darzustellen. Doch das könnte gegen Merrick Garland nicht ausreichen ...

Christian Thiele, Kronen Zeitung

Porträt von Kronen Zeitung
Kronen Zeitung
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