Die Außenminister der EU-Staaten beraten am Mittwoch in Prag über die mögliche Einschränkung der Visa-Vergabe an russische Staatsbürger. Bereits im Vorfeld betonte Außenminister Alexander Schallenberg, dass er über die offen ausgetragene Diskussion „unglücklich“ sei. Er spricht sich gegen eine vollständige Visa-Sperre für Russen aus.
„Wir können nicht ein ganzes Land canceln. Das wäre nicht klug“, so Schallenberg am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal. Die Sanktionen sollten sich gegen das System von Kreml-Chef Wladimir Putin richten und nicht gegen das russische Volk. Kritisch merkte der Minister an: Europa gebe das Bild der Uneinigkeit ab, was von der russischen Propaganda ausgeschlachtet werde.
Baerbock: „Regimekritische Russen nicht bestrafen“
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock schlug am Dienstag vor, ein bestehendes Visa-Abkommen mit Russland auszusetzen. Dann könnten die EU-Staaten jeweils vor Erteilung einer Einreise-Erlaubnis prüfen, mit welcher Begründung ein Visum beantragt worden sei und welche Nähe ein Antragsteller zur Regierung in Moskau habe. Es gehe ihr auch darum, dass regimekritische Russen weiter ausreisen könnten. Es sei wichtig, „dass wir die jetzt nicht bestrafen“.
Bisher wurde das 2007 in Kraft getretene Abkommen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine offiziell nur für Geschäftsleute, Regierungsvertreter und Diplomaten außer Kraft gesetzt. Als wahrscheinlich gilt nun, dass bei dem Treffen in Prag vereinbart wird, das noch bestehende europäische Abkommen mit Russland zur Erleichterung der Visa-Vergabe vollständig auszusetzen.
Ukrainischer Minister für vollständiges Verbot
Für den ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba ist aber „die Zeit der halben Maßnahmen“ vorbei. Ein Verbot sei angemessen, da die Mehrheit der Russen den Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstütze. „Nur eine harte und konsequente Politik kann zu Ergebnissen führen“, so Kuleba. Der Ukrainer schlug zudem eine Sonderregelung für russische Soldaten vor, die nicht mehr in der Ukraine kämpfen wollten.
Östliche Mitgliedsländer - darunter die Baltenstaaten und Polen - sind ebenfalls für Einreiseverbote. Sie haben bereits national vorgelegt, allerdings könnten Russen weiter mit Schengen-Visa etwa aus Deutschland bei ihnen einreisen. In Finnland, das eine mehr als tausend Kilometer lange Grenze mit Russland hat, tritt der Visa-Bann ab Donnerstag in Kraft, wie Außenminister Pekka Haavisto in Prag sagte.
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