Die Energiekrise in Europa war in den vergangenen Monaten vor allem von einer Frage bestimmt: Dreht Wladimir Putin am Gashahn? Doch dieses politische Druckmittel dürfte offenbar zunehmend an Wirkung verlieren. Obwohl seit Mittwochfrüh erneut kein Gas durch Nord Stream 1 fließt, sinken die Preise im Großhandel.
Mit der Gasversorgung bastelte Russland an einem Schreckgespenst, das viele Europäerinnen und Europäer zunehmend an der Wirksamkeit der Sanktionen aufgrund des Angriffskrieges auf die Ukraine zweifeln ließ. Nicht zuletzt die massiven Auswirkungen auf die Energiepreise - so ist etwa die Stromproduktion ganz wesentlich von Gas abhängig - schürten dabei Sorgen vor der kalten Jahreszeit.
Preis um fast ein Drittel gesunken
Doch nun scheint in der Frage eine kleine Trendwende gelungen. Obwohl Russland neuerlich für Wartungsarbeiten die Gas-Pipeline Nord Stream 1 stillgelegt hat, reagierte der Markt nicht mit höheren Preisen auf die künstliche Verknappung der Lieferungen. Den dritten Tag in Folge sind die Preise sogar gesunken.
Im Vergleich zu vergangenem Freitag (der den bisherigen Höchststand markierte) sank der Gaspreis im Großhandel von 339 Euro pro Megawattstunde auf mittlerweile 245 Euro - das entspricht einem Minus von 28 Prozent. Auch beim Strom gab es abermals einen Preisfall um 42 Prozent von 945 Euro pro Megawattstunde auf 575 Euro.
Polit-Ankündigungen zeigen Wirkung
Zwar liegen die Preise damit weiterhin auf einem vergleichsweise sehr hohen Niveau, die politischen Entscheidungen der vergangenen Wochen dürften aber nun endlich ihre Wirkung entfalten. So hat etwa EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nicht nur einen kurzfristigen Eingriff in den Markt angekündigt, sondern stellte auch eine generelle Strukturreform in Aussicht. Schon die bloße Ankündigung dieser Schritte sorgte für eine Reduktion der Preise.
Dazu spielt noch ein weiterer Aspekt den europäischen Staaten in die Karten. So konnten nämlich, trotz reduzierter Gaslieferungen, die Speicher in Europa bereits recht gut gefüllt werden. In Deutschland gehen die Füllstände bereits auf 90 Prozent zu und auch in Österreich liegt der Wert schon bei durchschnittlich 66 Prozent.
Gazprom strebt Richtung China
Nichtsdestotrotz macht Russland immer noch ein sehr gutes Geschäft mit den Gaslieferungen. Trotz westlicher Sanktionen vermeldete der staatliche Konzern Gazprom im ersten Halbjahr 2022 einen Gewinn in Milliardenhöhe. Und man streckt seine Fühler auch bereits in andere Märkte: Wie am Mittwoch bekannt wurde, möchte man mithilfe des zusätzlichen Budgets nun Pipelines nach China vorantreiben.
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