„Sommergespräche“ im ORF, letzter Teil. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) war Montagabend zu Gast bei Julia Schmuck und Tobias Pötzelsberger. Die Themenpalette ist vielfältig. Keine andere Regierung hat so viele Krisen zu bewältigen, wie die aktuelle. Teuerung, Krieg, innenpolitische Turbulenzen.
Nehammer hat ein schwieriges Erbe übernommen. Die ÖVP liegt in Umfragen schlecht im Rennen. Ermittlungen, Korruptionsverdacht, Vertrauensverlust. „Es wird gegen einige Personen aus der ÖVP ermittelt und es gibt unerträgliche Chats. Aber die Volkspartei, sie hat kein Korruptionsproblem. Es gibt Hunderttausende Mitglieder, Bürgermeister, Funktionäre. Die ihr Bestes geben. Wir sollten die Verfassung ernst nehmen. Es ist jemand schuldig, wenn er schuldig gesprochen geworden ist vom Gericht. Nicht von den Medien oder vom U-Ausschuss.“ Die ÖVP sei sehr stark föderal strukturiert, da gebe es oft unterschiedliche Zugänge. „Aber wir brauchen eine neue Struktur, wenn Angriffe passieren, dass man schneller reagieren kann.“
Muss sich der Kanzler für die Chats und die unschönen Entwicklungen und Affären entschuldigen? „Der Eindruck war kein guter. Die, die es trifft, sollten sich entschuldigen und die Konsequenzen tragen. Aber wir sind trotz aller Krisen immer handlungsfähig. Wir sind auch immer da, wenn es schwierig ist.“
Rechnungshof: „Dann werden wir Strafe zahlen“
Das Vertrauen in die Politik ist auf einem Tiefststand angekommen, sagt das Moderatorenduo. Nehammer geht in den Gegenangriff über und sagt: „Die Politik ist Letzter, Vorletzter die Medien.“ Der Rechnungshof hat Zweifel an den Wahlkampfkosten für 2019 angemeldet. Da war Nehammer Parteimanager und als solcher zuständig für die Wahlkampfkosten. Die ÖVP hat im Rechenschaftsbericht angegeben, für den vergleichsweise unwichtigen EU-Wahlkampf weniger ausgegeben zu haben als für den Nationalratswahlkampf. Nehammer: „Der EU-Wahlkampf war ein Personenwahlkampf, wo die Kandidaten die Kosten der Partei verrechnet haben, das war bei der Nationalratswahl nicht der Fall. Wir wurden ja schon konfrontiert 2017. Dass wir die Kosten massiv überschritten hatten. Wir wollten schauen, dass das nicht mehr passiert.“
Ob er persönliche Konsequenzen ziehen werde, wenn die Prüfung ergeben sollte, dass man falsche Angaben gemacht habe? „Nein. Wenn das passiert, dann werden wir eine Strafe zahlen. Hier geht es um das Parteienfinanzierungsgesetz, nicht um das Strafgesetz.“
Causa Prima Wien Energie
Die Regierung hat der Stadt Wien bzw. Wien Energie spontan mit zwei Milliarden geholfen. Nehammer und Co. wurden von den Roten überrascht und fordern nun für das Darlehen Antworten zu den Hintergründen. Hat man Hochrisikogeschäfte nicht rechtzeitig abgedreht, wie andere Anbieter? So der Verdacht von Experten. Bis Mitte September. Die Moderatoren wollten wissen, ob die ÖVP hier nicht politisches Kleingeld wechsle. Nehammer insistiert: „Wir haben spontan geholfen, im Sinne von zwei Millionen Kunden.“
Krisenmanagement
Teuerung war ein zentrales Thema: „Ich nehme die Sorgen der Menschen sehr ernst. Die Zeiten sind hart, aber wir brauchen gemeinsame Lösungen. Gemeinsam auch mit der Industrie. AK und ÖGB haben gesagt, dass es in die richtige Richtung geht. Die Frage ist, wie können wir die Menschen bestmöglich und schnellstmöglich entlasten? Je mehr Differenzierung, desto komplizierter wird es und desto länger dauert es.“ Zuschüsse und Maßnahmen seien mit Experten erörtert worden.
Die Klimapolitik hat für ihn offenbar nicht die oberste Priorität. „Wir müssen aktuell die Versorgungssicherheit garantieren.“ Aber selbstverständlich sei auch er für alternative Energien.
Die Sanktionen gegen Russland verschärfen die Teuerungen. Immer mehr Menschen hinterfragen diese Sanktionen. Auch Nehammer? „Wir müssen immer evaluieren. Aber Putin setzt Gas als Waffe ein. Die EU hat als schärfste Maßnahme die Sanktionen.“
Landtagswahlen: Es drohen herbe Verluste
Demnächst stehen Landtagswahlen an - in Tirol am 25. September. ÖVP-Spitzenkandidat Anton Mattle ist in Umfragen im Dauersinkflug. 2023 wird in Niederösterreich gewählt. Auch hier sind die Umfragen bedenklich. Ob ihn entsprechend schlechte Ergebnisse aus dem schwarz-türkisen Sattel werfen könnten? Daran verschwendet er keinen Gedanken. „Meine Zahlenwerte sind die, wie wir die Krisen bewältigen können. Alles andere interessiert mich derzeit nicht.“
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