Hoch nach Gewaltserie

Vor Wahl in Schweden – Rechtspopulisten im Aufwind

Ausland
06.09.2022 09:51

Schweden wählt am kommenden Sonntag, den 11. September, ein neues Parlament. Die mit einem sozialdemokratischen Minderheitskabinett regierende Magdalena Andersson stellt sich erstmals als Ministerpräsidentin einer Wahl. Umfragen sagen ein knappes Rennen zwischen dem linken und dem rechten Lager voraus. Zuletzt konnten die rechtspopulistischen Schwedendemokraten in der Wählergunst aufholen. Sie profitiert von der Debatte um eine Serie von Gewalttaten.

Die aus dem rechtsextremen Milieu hervorgegangene Partei unter der Führung von Jimmie Akesson würde laut Umfragen eine Woche vor der Wahl hinter Anderssons Sozialdemokraten, die knapp unter 30 Prozent liegen, erstmals in ihrer Geschichte mit bis zu 22 Prozent zweitstärkste politische Kraft Schwedens werden. Die Konservativen, die Christlichen Demokraten und die Liberalen sind bereit, mit den Schwedendemokraten zusammenzuarbeiten, sehen sie jedoch nicht als Teil einer künftigen Regierung.

Turbulenzen überwunden
Andersson ist die Frau an der Spitze der Regierung in der Geschichte Schwedens. Sie hatte nach dem Rücktritt ihres Vorgängers Stefan Löfven mit Startschwierigkeiten zu kämpfen und musste nach dem Rückzug der Grünen aus der Regierung mit einem rein sozialdemokratischen Minderheitskabinett agieren. Trotz prekärer Mehrheitsverhältnisse - Andersson war mitunter auf die Unterstützung einer Wilden Abgeordneten angewiesen - gelang es ihr, die Regierung durch die turbulenten Monate ihrer Regierungszeit stabil zu halten. Andersson brachte etwa einen breiten Parteienkonsens zum NATO-Beitritt Schwedens zustande, gegen den nur die Grünen und die Linkspartei stimmten.

Ihr erster Herausforderer ist der Konservative Ulf Kristersson, der gemeinsam mit den Christlichen Demokraten eine Regierung rechts der Mitte bilden möchte. Für eine derartige Variante würde Kristersson jedenfalls die Unterstützung der Schwedendemokraten und vermutlich auch der Liberalen benötigen - vorausgesetzt, der rechte Block erhält mehr Stimmen als die Parteien, die bisher Magdalena Andersson als Ministerpräsidentin unterstützten. Zu ihnen zählt auch die Zentrumspartei von Annie Lööf, deren Partei früher zur bürgerlichen „Allianz“ des ehemaligen Ministerpräsidenten Fredrik Reinfeldt zählte. Unter anderem ihre klare Abgrenzung von den aus dem Neonazi-Milieu entstandenen Schwedendemokraten führte zum vorläufigen Seitenwechsel.

Rechte Partei kein Schmuddelkind mehr
Die Partei von Jimmie Akesson gelangte 2010 erstmals in den schwedischen Reichstag und wurde dort lange von den anderen Parteien von jeglicher Zusammenarbeit ausgeschlossen. Bei den Parlamentswahlen im Jahr 2018 wurden die Schwedendemokraten drittstärkste Partei im Schwedischen Reichstag. Seither ist die Ablehnung der ehemaligen politischen Schmuddelkinder deutlich gebröckelt. Drei der traditionellen „bürgerlichen“ Parteien können sich eine Regierungszusammenarbeit mit den Schwedendemokraten prinzipiell vorstellen.

Den Schwedendemokraten spielte laut Beobachtern zuletzt die Diskussion um das Bandenunwesen in Schweden in die Hände. Im Sommer hatte es in Schweden eine Serie von Gewalttaten mit Verbindung zur organisierten Kriminalität gegeben. Jüngstes Beispiel waren die tödlichen Schüsse in einem Einkaufszentrum in Malmö Mitte August. Ein umstrittenes Thema im Wahlkampf war die geplante Neugestaltung von Steuern und Unterstützungen. Die Parteien des linken Blocks wollen Unterstützungszahlungen erhöhen, die rechten Parteien hingegen einschränken. Die Konservativen und die Schwedendemokraten setzten außerdem auf die Themen Zuwanderung und Integration.

Hohe Energiepreise als Wahlkampfthema
Zuletzt wurden die hohen Energiepreise zum Wahlkampfthema, vor allem in Südschweden stiege Preise rasant. Die Opposition machte die ablehnende Politik der Regierung gegenüber der Atomkraft für die Preissteigerungen verantwortlich. Regierung, Grüne und die Linkspartei sahen die Gasdrosselungen von Russlands Präsident Wladimir Putin und den europäischen Strommarkt als Gründe dafür. Der mögliche Bau neuer Reaktoren nach dem Abschalten mehrerer schwedischer Atomkraftwerke in den vergangenen Jahren war schon davor ein Thema im Wahlkampf.

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