Einen schönen Dienstagabend.
Wie es sich für meinen Berufsstand gehört, habe ich gestern natürlich das ORF-„Sommerverhör“ mit Tobias Pötzelsberger, Julia Schmuck und Stargast Karl Nehammer gesehen. Bei dem TV-Format ist es Tradition, dass es in den Minuten vor der Einvernahme ein sinnfreies Geplaudere im Newsroom des Senders mit dem Eingeladenen gibt, Aufwärm-Gelaber auf der neuen „StarTrek“-haften Kommandobrücke des Öffentlich-Rechtlichen, die schlappe 50 Millionen Euro gekostet hat. Pötzelsberger und Schmuck wirkten beim Smalltalk auf jene, die sie nicht kennen, wie ein gut situiertes Paar, das einen vor dem Restaurantbesuch noch in seine protzige Bude auf einen Aperitif einlädt, um ein bisschen anzugeben. Eine Inszenierung, bei der Sätze fallen wie: „Und das da hinten ist die Hundehütte von Swarovski, auf dem normalen Elfenbeinboden kann unsere kleine ,Gucci‘ nicht liegen (Elfenbeinallergie)“.
Nach dem Geschwafel über Anrufe in Redaktionen und Urlaube ging es für die drei hinaus auf die Terrasse, der Weg durch den gebührenfinanzierten Redaktionstraum ist offenbar so lange, dass ein Einspieler den Marsch überbrücken musste. Vermutlich stehen alle paar Kilometer Wasserstationen wie beim Wien-Marathon. Draußen dominiert die Schlichtheit, auch architektonisch. Tisch, drei Sessel, vier Pflanzen, Aus. Ein Terrassen-Arrangement, mehr funktional als bequem, das nur dann dem Anlass angemessen ist, wenn man vorhat, sich über die Brüstung zu stürzten. Dort nahmen Moderatoren und Bundeskanzler Platz, um miteinander ein Sommergespräch zu führen, wie der ORF es nennt.
Sagen wir so: Die Stunde ist immerhin schneller vergangen als beim Zahnarzt. Nehammer würde auch bei Unregelmäßigkeiten rund um die Wahlkampfkosten 2019 nicht zurücktreten, die Richtschnur sei das Strafgesetz, wer würde denn festlegen, was gute Sitten sind, fragte er. Heutzutage könnte in Österreich wohl auch die schwarze Witwe Elfriede Blauensteiner bis zum Tag des Urteils ein hohes politisches Amt bekleiden, während andere im Ausland für Tanzvideos ins Straucheln geraten. Sonst: Die Österreicher werden beim Heizen weiterhin unterstützt. Hier kann man es traditionell niemandem recht machen. Gießkannenprinzip böse, weil alle etwas bekommen, soziale Staffelung böse, weil schwierig umzusetzen und der Mittelstand leidet, nix machen auch böse. Verantworten wird sich Nehammer allerdings für diese Aussage müssen, vermutlich plant die Opposition schon den nächsten U-Ausschuss: Linz, meinte der Bundeskanzler sei - Zitat - eine „Großstadt“. Weltmetropole Linz. Berühmt übrigens aus Liedern wie „New York, Linz, Tokyo“ (Trio Rio), „Ich war noch niemals in Linz“ (Udo Jürgens) oder „Linz, Linz“ (Version von Frank Sinatra). Der Spott auf den sozialen Medien war groß.
Am Schluss die große Lebensfrage des ORF an Karl Nehammer: „Wer ist der glücklichste Mensch, den Sie kennen, und warum?“ Nehammer berief sich auf den Datenschutz. Für mich war die Antwort Montagnacht klar: ICH war der glücklichste Mensch, denn die Sendung war vorüber.
Und in Wien sonst nix los? Kann man so nicht sagen. Ein Drittel der Stadtregierung und die Wirtschaftskammer trafen einander in der Innenstadt. Bürgermeister Michael Ludwig, die Stadträte Ulli Sima und Jürgen Czernohorszky eröffneten eine Tiefgarage. Ohne Übertreibung kann man sagen: Es herrschte Bunkerstimmung.
Ich wünsche einen schönen Feierabend, so Sie einen haben.
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