ÖVP-Umfrage-Affäre

Kanzleramt liefert Mails vorerst nicht an WKStA

Politik
08.09.2022 07:02

Vor zwei Wochen war es wieder einmal so weit. Die ÖVP-Umfrage-Affäre ging in die nächste Runde. Nach der Razzia im Oktober hatte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) abermals Begehrlichkeiten, die sie im Kanzleramt vermutet. Im Zuge der Ermittlungen will die WKStA elektronische Daten. Dazu sollen E-Mail-Postfächer, Laufwerke und Office-Dokumente von sämtlichen Beschäftigten, die von Dezember 2017 bis Oktober 2021 im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und strategische Kommunikation tätig waren, sichergestellt werden.

Zur Erinnerung: Bei der Umfrage-Affäre geht es um den Verdacht, dass Mitglieder der ÖVP um den damaligen Außenminister Kurz beginnend mit dem Jahr 2016 rechtswidrig Budgetmittel des Finanzministeriums genutzt haben sollen, um gefälschte Meinungsumfragen erstellen zu lassen und diese in der Tageszeitung „Österreich“ platziert zu haben. Die Affäre kostet Sebastian Kurz die Politik-Karriere.

Mails massenhaft gelöscht
Die Staatsanwaltschaft argumentiert ihr neues Ansinnen damit, dass frühere enge Mitarbeiter von Kurz massenhaft E-Mails gelöscht und ihre Handys getauscht hätten und nun möglicherweise Beweismaterial fehlt. Zwar hat das Bundeskanzleramt Kooperation zugesagt, meldete aber vor zwei Wochen schon rechtliche Bedenken an, weil die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter verletzt werden könnte, wenn einfach massenhaft alle Mails ohne Präzisierung geliefert werden müssen.

ÖVP-Mitglieder rund um Sebastian Kurz sollen mit Geld aus dem Finanzministerium Umfragen frisiert haben. (Bild: APA/Erwin Scheriau)
ÖVP-Mitglieder rund um Sebastian Kurz sollen mit Geld aus dem Finanzministerium Umfragen frisiert haben.

Das Kanzleramt hat sich jetzt rechtliche Expertise geholt. Allen voran von Wolfgang Peschorn, dem Präsidenten der Finanzprokuratur, von Strafrechtsprofessor Alexander Tipold und Rechtsanwältin Katharina Körber-Risak. Auch das Trio ortet starke rechtliche Mängel in der Anordnung zur Sicherstellung der WKStA. 

Fischen im Trüben
Am Mittwoch wurde der WKStA diese Rechtsansicht mitgeteilt, dass man der Anordnung nicht nachkommen werde. Man hoffe nun, dass man gemeinsam mit der WKStA einen Pfad finde, wie die Korruptionsjäger zu den Daten kommen - aber auf dem Weg der Amtshilfe. Eine Anordnung zur Sicherstellung ist rechtlich gesehen eine Zwangsmaßnahme der WKStA, die einer Razzia gleichkommt. 

Keine Rechtsmittel für eine Behörde
Wenn eine Behörde von Ermittlungen betroffen ist, dann ist es üblich, dass Daten auf dem Weg der Amtshilfe angefordert werden. Rechtsmittel kann eine Behörde gegen eine Anordnung auch nicht einlegen. Einspruch könnten nur die betroffenen Mitarbeiter machen. 

Die größte Kritik ist vor allem, dass die Anordnung zur Sicherstellung inhaltlich zu wenig determiniert sei. Was heißt das konkret? Weder sind in der Anordnung konkrete Personen genannt, noch sind Gegenstände spezifiziert. Man könnte fast sagen, die WKStA will fast wahllos Daten (samt aller privater Korrespondenz und Informationen) von allen Mitarbeitern in der Kommunikationsabteilung der letzten vier Jahre. Damit fische die WKStA quasi im Trüben, so der Vorwurf.  

Wolfgang Peschorn, Chef der Finanzprokuratur, hat bei der Auslieferung von Dokumenten rechtliche Bedenken. (Bild: Gerhard Bartel)
Wolfgang Peschorn, Chef der Finanzprokuratur, hat bei der Auslieferung von Dokumenten rechtliche Bedenken.

Die Rechtsexperten sind der Meinung, die WKStA hätte auch einen anderen Weg einschlagen können - nämlich zuerst durch Befragungen herausfinden, welche Personen im Bundeskanzleramt mit den engsten Vertrauten von Sebastian Kurz zusammengearbeitet haben.  Sind die Betroffenen ausgeforscht, hätte man die Daten viel konkreter anfordern können. 

Welche Optionen stehen der WKStA nun zur Wahl? Sie kann sich entschließen, mit dem Bundeskanzleramt zu kooperieren, oder eine Hausdurchsuchung anordnen. Das wäre dann die nächste Eskalationsstufe. 

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