Diplomat Volker Türk

Österreicher soll UNO-Menschenrechtschef werden

Ausland
08.09.2022 12:15

Der österreichische Jurist Volker Türk soll neuer UNO-Hochkommissar für Menschenrechte (UNHCHR) werden. Das geht laut Reuters aus einem UNO-Dokument hervor. UNO-Generalsekretär António Guterres wolle dessen Nominierung am Mittwoch (Ortszeit) der UNO-Vollversammlung mitteilen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur (dpa) aus diplomatischen Kreisen. Das Plenum muss die Personalie dann bestätigen. Rund um den Prozess der Personalentscheidung ist NGO-Kritik laut geworden.

Der derzeitige Unter-Generalsekretär im UNO-Sekretariat würde damit auf die Chilenin Michelle Bachelet folgen, die sich zum Ende ihrer ersten Amtszeit im August nicht erneut beworben hatte. Türk arbeitete mehr als zwei Jahrzehnte lang für das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR), wo er zuletzt von 2015 bis 2019 das Amt eines stellvertretenden Hochkommissars bekleidete. Danach wechselte der Jurist in das Büro von UNO-Generalsekretär Guterres.

Promovierte an der Uni Wien
Türk hat an der Universität Wien in Völkerrecht promoviert. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Völkerrecht der Universität Linz sowie am Institut für Strafrecht der Universität Linz. Er hat zahlreiche Veröffentlichungen zu den Themen internationales Flüchtlingsrecht und Menschenrechte vorzuweisen.

„Rechte Hand“ von Guterres
Als Unter-Generalsekretär (auch Vize-Generalsekretär) für „strategische Koordination“ galt Türk als „rechte Hand“ von Guterres. Schon in dieser Funktion ersetzte er mit Fabrizio Hochschild Drummond einen Chilenen. Seine Kür vor drei Jahren wurde u. a. mit über 30 Jahren Erfahrung im Bereich des internationalen Schutzes von Flüchtlingen und Staatenlosen sowie in den Bereichen Lobbyarbeit und humanitärer Arbeit im weiteren Sinne begründet.

Dem UNHCHR untersteht ein Büro (Office of the High Commissioner for Human Rights/OHCHR). Während der in Genf ansässige UNO-Menschenrechtsrat mit wechselnden Staatenvertretern besetzt ist, sind im OHCHR Experten vertreten. Der Hochkommissar soll vor allem zur Durchsetzung der Menschenrechte in der Praxis auf der ganzen Welt beitragen und auf schwere Menschenrechtsverletzungen weltweit reagieren.

Kandidaten aus Argentinien und dem Senegal
Andere Kandidaten für die Nachfolge Bachelets waren laut Reuters u. a. der Karrierediplomat Federico Villegas aus Argentinien sowie Adama Dieng. Der Senegalese beriet Guterres früher zum Thema Völkermord-Prävention.

Phil Lynch, Direktor der NGO International Service for Human Rights kritisierte eine mangelnde Transparenz und Einbindung der unabhängigen Zivilgesellschaft bei der Bestellung Türks. „Der UNO-Generalsekretär hat eine Schlüsselgelegenheit verpasst, Legitimität und Autorität, um den nächsten Hochkommissar aufzubauen“, sagte er. Typischerweise berät sich Guterres in einer solchen Personalfrage mit den ständigen Mitgliedern des UNO-Sicherheitsrates: USA, Frankreich, Großbritannien, China und Russland. Es war zunächst nicht klar, ob dies auch im Fall von Türk geschah.

Viele Aufgaben warten
Auf den neuen UNHCHR warten heikle Aufgaben - etwa im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg oder zu einem Bericht über Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Provinz Xinjiang, den Bachelet am Abend des 31. August kurz vor Mitternacht und damit zehn Minuten vor dem Ende ihrer Amtszeit - unter Druck veröffentlichte. Davor hatte sie damit gezögert. Der Bericht sieht Anhaltspunkte für Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen die muslimische Volksgruppe der Uiguren und andere Minderheiten.

Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen und geflohenen Uiguren wurden im nordwestchinesischen Xinjiang Hunderttausende in Umerziehungslager gesteckt. Viele sollen zur Zwangsarbeit in andere chinesische Provinzen geschickt worden sein. „Das Ausmaß der willkürlichen und diskriminierenden Inhaftierung von Angehörigen der Uiguren und anderen überwiegend muslimischen Gruppen (...) könnte internationale Verbrechen, insbesondere Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darstellen“, hält der Bachelet-Bericht fest. Den Menschen seien von 2017 bis 2019 und möglicherweise darüber hinaus fundamentale Rechte vorenthalten worden. Was nun weiter in der Materie passiert, wird auch am neuen Hochkommissar liegen. China weist die Vorwürfe jedenfalls zurück und spricht von Lügen.

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