Ex-Verbund-Chef rät:

Strompreisbremse mit Übergewinnen finanzieren

Wirtschaft
08.09.2022 13:56

Immer mehr Stellen kritisieren, dass die angekündigte Strompreisbremse rein durch Steuergeld finanziert wird, während ein Gros der heimischen Energieunternehmen massive Übergewinne einfährt. Nun greift der frühere Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber die Thematik auf: Er fordert eine Abgabe auf hohe Profite von Energiefirmen - so könnte man die Maßnahme gegenfinanzieren.

„Es ist legitim, zeitlich befristet eine gewisse Beteiligung der Branche festzuschreiben“, sagt Anzengruber, der zuletzt auch in den Beraterstab von Bundespräsident Alexander Van der Bellen gerufen wurde, in einem Interview mit dem „trend“. Er hat auch einen konkreten Vorschlag.

„Es braucht eine intelligente Lösung“
„Produzenten erneuerbarer Energien inklusive Wasserkraft, die sehr niedrige variable Kosten haben, profitieren überproportional von den durch den Gaspreis getriebenen hohen Strompreisen“, wird Anzengruber zitiert. Der Weg über eine Dividende habe „oft den Nachteil, dass eine Privatisierung der Erträge bei gleichzeitiger Sozialisierung der Kosten entsteht. Aber es braucht eine intelligente Lösung.“ Grundsätzlich handle es sich aber nicht um Übergewinne, „sondern Zufallsgewinne aufgrund einer Marktverzerrung“, so der Experte.

Große Sonderdividenden bei Stromanbietern
Der Verbund schüttet heuer etwa eine politisch urgierte Sonderdividende aus. Insgesamt gibt es 1,2 Milliarden Euro an Dividenden. Darin enthalten ist eine Sonderdividende in Höhe von 400 Millionen Euro. An den Staat Österreich als Miteigentümer werden somit rund 600 Millionen Euro ausgezahlt. Auch die Tiroler Tiwag lässt heuer eine Sonderdividende springen, die sich am Verbund-Modell orientiert.

Abgeschöpfte Gewinne wären „fair“
Eine Lösung könnte aus Sicht Anzengrubers so ausschauen: „Die Vollkosten liegen bei den Erneuerbaren zwischen 70 und 80 Euro pro Kilowattstunde (kWh). Ein Modell könnte zum Beispiel sein, auf Markterträge, die mehr als 100 Euro pro kWh hinausgehen, eine Abgabe von 30 bis 40 Prozent einzuheben. Die Unternehmen wären weiterhin profitabel und könnten damit auch investieren.“

Der Ausbau der Erneuerbaren sei über Jahrzehnte mit erheblichen Summen gefördert worden. „Es wäre fair, dass man von den derzeitigen Zufallsgewinnen der öffentlichen Hand einen Teil abgibt.“

Europäische Lösung wäre das Optimum
Eine solche Steuer solle keinesfalls den Verbund alleine treffen, so dessen Ex-Chef im „trend“. „Natürlich müsste sie für alle gelten, nicht nur für ein bestimmtes Unternehmen, und so gestaltet werden, dass daraus nicht eine Verstaatlichung durch die Hintertür entsteht.“

Eine gesetzliche Abgabe habe jedenfalls den Vorteil, dass Vorstände von Energiekonzernen kein Untreue-Thema bekämen. Am sinnvollsten wäre aus Sicht Anzengrubers, einen europäischen Gleichklang herzustellen.

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