Bevor die am Donnerstag verstorbene Queen an diesem Dienstag von Edinburgh nach London übergeführt werden soll, haben Tausende Schotten bei einem Trauerzug Abschied von Elizabeth II. genommen. König Charles III. führte am Montag in der Altstadt der schottischen Hauptstadt zu Fuß eine Prozession mit dem Sarg an. Zuvor war das Königspaar in Schottland mit Jubel und Beifall empfangen worden. Charles erhielt dort traditionsgemäß den Schlüssel zur Stadt (siehe Video oben).
Die Prozession führte von der königlichen Residenz Palace of Holyroodhouse ungefähr einen Kilometer zu der Kirche, wo sich bereits eine Trauergemeinde zum Gottesdienst versammelt hatte, darunter die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon und die britische Premierministerin Liz Truss. Tausende Menschen säumten die Straße, um einen Blick auf den Leichenwagen und die Königsfamilie zu werfen.
Der in die royale Standarte eingehüllte Sarg war zuvor von acht Kilt tragenden Soldaten zum Leichenwagen gebracht worden. Ein Dudelsackpfeifer spielte zu Beginn, bevor die Nationalhymne erklang. Eine Garde geleitete den im Schritttempo fahrenden Wagen bis zum Ziel. Während der weitgehend stummen Prozession wurden immer wieder Kanonenschüsse zu Ehren der toten Monarchin abgefeuert.
König Charles geleitete Sarg zu Fuß
Der König sowie seine Geschwister Prinzessin Anne, Prinz Andrew und Prinz Edward legten bei der Prozession den Weg von der Residenz zur St.-Giles-Kathedrale zu Fuß zurück. Im Gegensatz zu seinen Geschwistern trug der in Ungnade gefallene Prinz Andrew nicht seine Militäruniform, sondern nur einen dunklen Gehrock.
Die Queen hatte ihm Anfang des Jahres wegen dessen Verwicklung in den Missbrauchsskandal um den gestorbenen US-Multimillionär Jeffrey Epstein alle militärischen Dienstgrade aberkannt. Einem Bericht der Nachrichtenagentur PA zufolge soll ihm nur bei einer einzigen Gelegenheit während der Trauerzeremonien das Tragen einer Uniform gestattet sein.
Royal Family gedachte in Gottesdienst der Queen
Nach der Prozession nahmen der König und seine Gattin Camilla sowie seine Geschwister an einem Gottesdienst in der Kathedrale teil. Rund eine Stunde sollte der am vergangenen Donnerstag verstorbenen Königin Elizabeth gedacht werden.
Vor dem Sarg wurde eine Treppe aufgestellt, damit die schottische Krone der Queen auf dem Sarg platziert werden konnte. Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon las während des Gottesdienstes, der von Reverend Calum I MacLeod abgehalten wurde, eine Passage aus der Bibel vor. Unter anderem wurde während des Gottesdienstes das Lied „The Lord’s Sheperd“ gesungen. Diese Hymne hatte für die Queen eine besondere Bedeutung und wurde daher auch 1947 bei ihrer Hochzeit mit Prinz Philip gespielt.
Nach dem Gottesdienst haben die Schotten für 24 Stunden die Möglichkeit, in der Kirche von der Queen Abschied zu nehmen. Danach wird der Sarg nach London überführt.
König Charles freudig empfangen
Nach der Zeremonie in der Westminster Hall am Freitagvormittag flogen Charles und Camilla in die schottische Hauptstadt. Tausende Menschen hatten sich dort seit der Früh entlang der zentralen Straße Royal Mile eingefunden, um den Leichenzug mit dem Sarg der gestorbenen Queen zu sehen. Sie klatschten und jubelten, als das Auto mit der royalen Standarte für Schottland an ihnen vorbeifuhr. In seiner Residenz, dem Palace of Holyroodhouse, wurde Charles mit Salutschüssen und der Nationalhymne empfangen.
Vor der Residenz erhielt der neue König vom Lord Provost - einer Art Bürgermeister - symbolisch den Schlüssel zur Stadt. Wie es die Tradition gebietet, gab Charles daraufhin den Schlüssel zurück und bemerkte, dass es keine besseren Bewahrer gebe als den Lord Provost und die Abgeordneten. Das Ritual findet alljährlich im Sommer statt, wenn sich das Staatsoberhaupt für eine Woche in Edinburgh aufhält. Queen Elizabeth II. hatte noch im Juli an dieser „Ceremony of the Keys“ teilgenommen.
Treffen von Charles und Sturgeon
Charles hat in Edinburgh auch die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon empfangen. Außerdem wollten er und seine Frau Camilla auch im schottischen Parlament Beileidsbekundungen entgegennehmen. Seine Reise nach Schottland ist Teil der sogenannten „Operation Spring Tide“, die Besuche von Charles als neuem König in allen vier britischen Landesteilen vorsieht. Am morgigen Dienstag reist das Königspaar daher nach Nordirland; der Besuch in Wales folgt am Freitag.
Für Dienstag ist auch die Überführung des Leichnams der Queen per Flieger nach London geplant, wo die Gestorbene für mehrere Tage aufgebahrt werden soll. Am Mittwoch führt König Charles dann einen weiteren Leichenzug durch die britische Hauptstadt an, der vom Buckingham-Palast zum Parlament führt.
Sarg ab Mittwoch in Westminster Hall aufgebahrt
Ab Mittwoch, 18 Uhr MESZ, wird der Sarg in der Westminster Hall des Parlaments aufgebahrt. Für die Totenwache werden Hunderttausende Menschen erwartet. Ein konservativer Abgeordneter sprach am Montag sogar von bis zu zwei Millionen Menschen.
Die britische Regierung empfiehlt Trauernden wetterfeste Kleidung, genug Proviant, eine Powerbank fürs Handy und viel Geduld mitzubringen. Bis zum Tag des Staatsbegräbnisses am 19. September hat die britische Öffentlichkeit die Möglichkeit, ihrer Königin einen letzten Besuch abzustatten und sich zu verabschieden. Allerdings muss dafür viel Zeit eingeplant werden. „Sie müssen viele Stunden lang stehen, vermutlich über Nacht, mit wenigen Möglichkeiten, sich hinzusetzen, weil sich die Schlange weiterbewegen wird“, heißt es in den Informationen des Kulturministeriums zu den Abläufen. Ob man Kinder mitbringe, solle man sich gut überlegen. Außerdem sei mit Straßensperren und Störungen im Verkehrsnetz zu rechnen.
Das Staatsbegräbnis, zu dem auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen anreisen will, ist für den 19. September angesetzt. Die Briten erhalten dafür einen extra Feiertag. Bis dahin gilt Staatstrauer; offizielle Veranstaltungen und der parlamentarische Betrieb sind ausgesetzt.
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