Besonders hoher Wohnungsdruck herrscht in 148 von 277 Tiroler Gemeinden. Das Land will ab 1. Jänner 2023 mit einer Abgabe gegensteuern. Doch es braucht wohl mehr als das. Was sagen die Spitzenkandidaten im Vorfeld der Landtagswahl dazu?
Im Juli dieses Jahres hat die schwarz-grüne Landesregierung eine Leerstandsabgabe beschlossen. Damit soll die Spekulation mit Wohnraum eingedämmt werden: Investoren kauften Wohnungen, um diese dann unbewohnt ein paar Jahre später mit sattem Gewinn wieder zu verkaufen.
Abgabe ab Jahresbeginn fällig
Mit der Abgabe, die am 1. Jänner 2023 in Kraft tritt, sollen Eigentümer zur Verwertung der Liegenschaft (Vermietung oder Verkauf) animiert werden. Allerdings ist die Abgabe eher ein politisches Signal als ein wirkungsvolles Instrument. Die Höhe hängt in erster Linie von der Nutzfläche der Immobilie sowie der Anzahl der Kalendermonate ohne Wohnsitz ab. Sie bewegt sich für Einheiten von 90 bis 150 Quadratmeter zwischen 45 und 100 Euro monatlich, ab 250 Quadratmeter sind es höchstens 215 Euro. Werte, die Investoren wenig erschrecken dürften.
Höhere Sätze, wo hoher Wohnungsdruck herrscht
Gleichzeitig wurden 148 Vorbehaltsgemeinden ausgewiesen. Das Land stellt hier außergewöhnlich hohen Druck am Wohnungsmarkt fest und erlaubt die Verdoppelung der Sätze. Inwieweit der Immobilienmarkt dadurch abgekühlt werden kann, bleibt abzuwarten. „In der jüngsten Vergangenheit war in Tirol allein die Preissteigerung höher als im Burgenland ein Haus kostet“, heißt es im Remax-Immobilienpreisspiegel.
Plus 33 Prozent binnen eines Jahres
Die Preissteigerung betrug von 2020 auf 2021 plus 32,8 Prozent. Der typische Preis eines im Jahr 2021 verbücherten Einfamilienhauses erreichte 779.770 Euro, um 192.623 Euro mehr als vor zwölf Monaten. Beim Vergleich mit dem Burgenland erhöhte sich der „Tirol/Burgenland-Faktor“ von 3,7 auf 4,6 Einfamilienhäuser. Im Fünfjahresvergleich liegt Tirol mit plus 90,6 Prozent weit über allen anderen Bundesländern, inklusive Wien, im Zehnjahresvergleich mit plus 147,1 Prozent nur knapp hinter Wien.
Aber nicht nur Eigentum ist kaum noch leistbar, auch die Mieten galoppieren weiter davon und freier leistbarer Wohnraum ist immer schwerer zu finden. Die Landeshauptstadt Innsbruck ist bei Preis-Erhebungen sogar österreichweit an der Spitze. Was sind nun die Standpunkte der Tiroler Spitzenkandidaten beim Thema Wohnen? Die „Krone“ hat nachgefragt.
Anton Mattle (ÖVP): „Ende der Spekulation“
Um die sich nach oben drehende Preisspirale beim Wohnen zu durchbrechen, müssen wir Spekulationen auf allen Ebenen zurückdrängen. Beispielsweise mit der Installierung einer eigenen Einsatzgruppe zur Bekämpfung von illegalen Freizeitwohnsitzen. Darüber hinaus möchte ich die Anwendung der Vertragsraumordnung verpflichtend machen und junge Menschen mit der Einführung eines Eigenmittelersatzdarlehens bei der Schaffung von Eigentum unterstützen.
Georg Dornauer (SPÖ): „Neue Wohnformen“
Es nützt die schönste Heimat nichts - wenn unsere jungen Familien sich Tirol nicht mehr leisten können. Daher werden wir den Ausverkauf unserer Heimat stoppen, die Spekulation mit Grund und Boden verhindern und neue, moderne Wohnformen schaffen. Wenn wir uns zusammentun, bremsen wir mit sofortigem Mietpreisdeckel die Teuerung. Es dürfen nicht mehr als 25 Prozent vom Einkommen für´s Wohnen draufgehen. Wir setzen alles daran, unsere Heimat wieder leistbar zu machen.
Gebi Mair (Grüne): „Hart in Markt eingreifen“
Es ist wirklich beispiellos, wie durch Spekulation und Verknappung die Wohnpreise in die Höhe getrieben wurden. Wir können die Sorge und den Ärger nur zu gut verstehen. Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Wir sagen daher: Wo der Markt versagt, muss die Politik den Mut aufbringen, hart einzugreifen. Das heißt: Vorrang für gemeinnützige Bauträger, Betriebskosten senken durch Sanierung und Umstieg auf erneuerbare Energie und Vorgehen gegen Spekulation und Leerstand.
Markus Abwerzger (FPÖ): „Zuzug begrenzen“
Es braucht überall große Lösungen, wie die Föderalisierung des Mietrechtes. Wir fordern, dass man keine oder stark gemäßigte ImmoESt zahlen muss bei Veräußerungen, wenn man die Wohnung in fünf von zehn Jahren ununterbrochen vermietet hat. Änderungen bei den Widmungen, die Wohnen in Gewerbegebieten ermöglichen. Kampf gegen den Bodenfraß und den unkontrollierten Zuzug aus dem EU-Raum sowie gemeinnützige Wohnungsvergaben nur mit Deutschkenntnissen.
Dominik Oberhofer (Neos): „Mietkauf-Modelle“
Tirol ist eine der lebenswertesten Regionen der Welt. Damit das auch so bleibt, braucht es ausreichend leistbaren Wohnraum für alle. Mit Neos in der nächsten Landesregierung werden wir im Ortszentrum nachverdichten, also in die Höhe bauen und eine Sanierungsoffensive starten. Damit sich auch wieder mehr junge Familien Eigentum leisten können, setzen wir auf Mietkauf-Modelle. Wir stehen dafür, dass man sich in Tirol aus eigener Kraft wieder etwas aufbauen kann.
Andrea Haselwanter-Schneider (Liste Fritz): „Ausverkaufstopp“
Illegale Freizeitwohnsitze verknappen den Wohnungsmarkt in Tirol und machen das Wohnen für die Einheimischen sündteuer. Seit Jahren bauen wir zu viel für Investoren und Spekulanten statt für die Einheimischen. Eine Bedarfserhebung und Bedarfsplanung sollen dem entgegenwirken. Wir wollen Freizeitwohnsitze verbieten, sanft nachverdichten, indem wir z.B. Supermärkte und Parkplätze überbauen sowie bereits gewidmetes Bauland endlich mobilisieren.
Elfriede Hörtnagl-Zofall (MFG): „Mieten einfrieren“
Den Markt für ausländische Investoren und Freizeitwohnsitze unattraktiv machen. Projektförderung gegen eine personenbezogene Förderung ersetzen, das kommt Familien zugute. Die Mieten einfrieren: Aussetzung der automatischen Erhöhungen von Kategoriemietzins und Richtwerte. Mieten als Teil der gesamten Teuerungswelle gegen die Inflation abfangen. Ansonsten wären Vermieter anderen Unternehmern gegenüber schlechter gestellt. Zudem Anhebung der Wohnbeihilfe.
Pia Tomedi (KPÖ): „Keine Privatisierungen“
Kurzfristig müssen unbedingt die Hürden zum städtischen Wohnen gesenkt werden. Insbesondere für Frauen, da diese in Obdach- und Wohnungslosigkeit besonders gefährdet sind. Der Staat muss mittelfristig stärker im Immobilienbereich aktiv werden, Projekte entwickeln und diese halten. Es darf nicht privatisiert werden, wie es mit den Buwog-Wohnungen passiert ist. Die Immobilienbranche muss aus dem spekulativen Marktsegment herausgelöst werden.
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