137 Herren und 99 Damen starten heute um Punkt 10 Uhr vormittags in der norditalienischen Opernstadt Verona in die 24-Stunden-Europameisterschaft der Ultraläufer. Mit dabei auf dem 1525,48 Meter-Kurs rund um das, gut einen Kilometer südlich der historischen Altstadt gelegene, Consolini Sportzentrum: der Vorarlberger Wolfgang Michl.
Der 39-Jährige hatte Ende August Geschichte geschrieben, als er bei der WM in Berlin bei seinem sechsten 100-Kilometer-Lauf den 21 Jahre alten österreichischen Rekord um 5:50 Minuten verbesserte und auf 6:51:36 Stunden drückte. „Dabei bin ich das Rennen viel zu schnell angegangen“, verrät Michl, der bis zur 50km-Marke durchgehend eine Kilometer-Pace von unter vier Minuten gelaufen war. „Ich bin froh, dass es am Ende trotzdem mit dem Rekord geklappt hat, das war schon ein Ziel.“
Startschuss im Sportpark
Ein Ziel, zu dem der gebürtige Kapfenberger eher zufällig kam. „Ich habe erst mit 28 Jahren mit dem Laufen begonnen“, erzählt der gelernte Koch. „Damals war ich als Sommelier für eine Saison in Lech. Da ich nicht jeden Abend fortgehen wollte, habe ich mir eine Mitgliedschaft im dortigen Sportpark gegönnt und auf dem Laufband meine Läuferkarriere gestartet.“ Die zu Beginn aber schleppend verlief. Michl machte im Tourismus Karriere, wurde Direktor in einem Hotel am Wörthersee und heuerte in dieser Funktion dann 2013 in der Bezauer „Post“ an.
Hoteldirektoren-Job gekündigt
Im Wald traf er auf Ländle-Laufikone Sandra Urach. „Hätte ich sie nicht kennengelernt, wäre ich heute sicher nicht der ,Hobby-Leistungssportler’, der ich bin“, verrät der Steirer. „Sandra war es auch, die mich dazu brachte, an Wettkämpfen teilzunehmen.“ So wurde die Pace schneller, die Trainingseinheiten länger. „Obwohl ich meinen Tourismus-Job sehr gerne gemacht habe - Arbeitswochen mit freiwilligen 60, 70 Stunden und der Sport waren dann irgendwann nicht mehr vereinbar“, sagt Michl, der mittlerweile 100 Stunden pro Monat beim Laufen oder am Rad verbringt.
Also kündigte er und heuerte zuerst bei der Gemeinde Bezau an, von wo er später als Finanzchef zur Marktgemeinde Egg wechselte. „Ein spannender Job, mit fixen Arbeitszeiten, die es mir erlauben, viel Sport zu betreiben und auch bei Wettkämpfen zu starten.“
Die Frage nach dem Limit
„Nachdem ich einen Halbmarathon und einen Marathon gelaufen bin, kam irgendwann der Punkt, an dem ich mir die Frage stellte, wo das Limit ist. Der Marathon war es nicht“, erinnert er sich. Seinen ersten „100er“ absolvierte Michl 2016 in Biel (Sz) in 9:05:56 Stunden. Drei Jahre später hatte er sich schon auf 7:38:49 Stunden verbessert und gewann damit in Prambachkirchen den Staatsmeistertitel, den er 2021 in Langenzersdorf verteidigte.
Kampf für die nächste Generation
Ein Jahr zuvor hatte er auch seinen ersten 24h-Lauf bestritten. In Bad Blumau war Michl, der sich die Trips zu internationalen Großevents großteils selbst finanzieren und auch sonst ohne Sponsoren auskommen muss, auf 224,75 Kilometer gekommen, womit er sich auch hier den Staatsmeistertitel schnappte. „Für mich sind die fehlenden Sponsoren und die geringe öffentliche Aufmerksamkeit kein Problem. Ich würde mir aber wünschen, dass es die nächsten Generationen in diesem Sport etwas leichter haben.“
Bei der 24h-EM in Verona will er auf jeden Fall wieder Werbung für den Ultrarunning-Sport in Österreich machen. Sein Ziel? „240 Kilometer sollten machbar sein“, sagt Michl, der während des Rennens auf Schlaf verzichten wird. „Das würde keinen Sinn machen, wenn man eine gute Distanz laufen will. Zudem bist du voll Adrenalin - da schläfst du nur schwer ein.“
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