Die Firmeninsolvenzen haben sich heuer in den ersten drei Quartalen laut einer Hochrechnung des Kreditschutzvereins KSV1870 gegenüber dem Vorjahreszeitraum fast verdoppelt. Sie stiegen um 92 Prozent auf 3482 Fälle. Die geschätzten Verbindlichkeiten erhöhten sich um 88 Prozent auf etwa 1,4 Milliarden Euro, die Zahl der betroffenen Dienstnehmer auf 9800 (plus 72 Prozent). Privatkonkurse gab es mit 6209 um 24 Prozent mehr - mit Durchschnittsschulden von 107.000 Euro je Insolvenz.
Die Liste an Herausforderungen, mit denen sich die Betriebe seit vielen Monaten beschäftigen müssen, sei auch über die Sommermonate nicht kürzer geworden, so Karl-Heinz Götze vom KSV. Trotzdem liegt die Zahl der Firmeninsolvenzen immer noch um 9 Prozent unter dem Vergleichswert des letzten Vor-Corona-Jahres 2019. Aber: „Anhaltende Kostenexplosionen, gravierende Lieferengpässe und die schwierige Suche nach Personal sind nur einige wenige Faktoren, warum sich die wirtschaftliche Gesamtsituation zuletzt verschlechtert hat“, so Götze.
Unternehmen negativ eingestellt
Die Erwartungshaltung für die nächsten Monate sei gedämpft. Rund die Hälfte der Unternehmen blicke negativ Richtung Jahresende.
Bedenklich findet der KSV, dass heuer 40 Prozent aller Firmenpleiten mangels Kostendeckung abgewiesen worden seien. Im Vorjahr waren es 32 Prozent. Den Anstieg gebe es, weil viele Betriebe deutlich früher Insolvenzen hätten anmelden müssen, so Götze. Durch den Fortbetrieb würden aber auch die allerletzten Mittel aufgebraucht, wodurch keine Sanierung mehr möglich sei. Das führe zu mehr Jobverlusten und die Gläubiger schauten durch die Finger.
Handel, Bau und Tourismus besonders betroffen
(Kfz-)Handel, Bau und Tourismus sind laut KSV die Insolvenztreiber. Insgesamt gab es durchschnittlich 13 Pleiten pro Tag. Der deutliche Anstieg der Gesamtpassiva ist unter anderem dem Konkurs der CPI-Gruppe (Passiva: rund 220 Millionen Euro) und dem Fall der Polytechnik Luft- und Feuerungstechnik GmbH (66,3 Millionen Euro) geschuldet.
23 Privatkonkurse pro Tag
Bei den Privatpleiten gab es 23 Eröffnungen pro Tag. Auch hier haben sich die Gesamtpassiva erhöht. Die Summe stieg um gut 16 Prozent auf insgesamt rund 665 Millionen Euro.
„Explodierende Kosten in allen Lebenslagen“
Die Brieftaschen der Menschen in Österreich würden derzeit von Inflation - gestiegenen Energiekosten, Preissteigerungen im Supermarkt - enorm belastet, so Götze. Der Anstieg sei wenig überraschend. Aber auch hier wurde das Vor-Corona-Niveau (7174 Fälle) noch nicht erreicht, obwohl die Zahl der eröffneten Privatkonkurse seit Inkrafttreten der Insolvenznovelle (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz) im Juli 2021 kontinuierlich gestiegen ist.
„Im Privatkonkurs ist der aktuelle Anstieg vor allem auf die Insolvenznovelle des Vorjahres zurückzuführen, die deutliche Erleichterungen, wie eine verkürzte Entschuldungsdauer für Schuldner, gebracht hat. Wenn man etwas in die Zukunft blickt, werden aber auch die explodierenden Kosten in nahezu allen Lebenslagen Auswirkungen haben“, sagt Götze.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.