„Mehr Mut beim Klimaschutz!“ Umweltaktivisten fordern Landesregierung zum schnellen Handeln auf. Etwa mit stärkerem Ausbau der Windenergie. Das weite Land könne hier eine österreichweite Schlüsselrolle übernehmen.
Für Johanna Frühwald geht gerade ein Katastrophensommer zu Ende: Hitzetage, Starkregen, Waldbrände oder Überschwemmungen. „Was früher Rekord war, ist heute Durchschnitt“, hält die Aktivisten von Fridays for Future Niederösterreich (FFF) fest. Doch anstatt in Sachen Klimaschutz mutig voranzuschreiten, habe man die Klimakrise hierzulande verschlafen, wie Johannes Wahlmüller von Global 2000 festhält. Das verdeutliche auch der vorgelegte Klimareport: So liegt Niederösterreich beim Pro-Kopf-Treibhausgas-Ausstoß mit 6,8 Tonnen CO2-Äquivalenten (CO2e) deutlich über dem Österreichschnitt von 5,7 Tonnen. Im Bundesländer-Ranking landet das weite Land gar am unteren Ende auf dem siebenten Platz.
Noch viel Potenzial vorhanden
Ordentlich Nachholbedarf und Potenzial orten die Klimaschützer im größten Bundesland bei der Wind- und Solarenergie. Und zwar „mit einer neuen Zonierung für Windenergie, die sowohl Naturschutz als auch Energiewende-Interessen berücksichtigt“, fordert der Umweltschutzexperte einen schnelleren Ausbau. Bei derzeit 730 Windrädern wäre Potenzial für weitere 2000 vorhanden. Hier mangle es zum einen an ausgewiesenen Flächen - daher wären weitere Zonierungen nötig - und zum anderen fehlen stabile Förderbedingungen.
An dieser Stelle anzusetzen, könnte schnell die doppelte Menge an Windstrom liefern. Für Wahlmüller bedarf es aber auch eines klaren, verbindlichen Fahrplans für den Gas-Ausstieg sowie eines Umdenkens in Sachen Mobilitätswende. Auch jeder Neubau ohne Photovoltaik-Anlage auf dem Dach ist für den Experten bereits ein Sanierungsfall.
„Niederösterreich tut, was ein Land beim Klima- und Umweltschutz tun kann“, kontert man seitens der Landesregierung. Etwa mit den größten CO2-Einsparung, dem größten Ausbau erneuerbarer Energie (22% mehr Photovoltaik als im Vorjahr) und dem höchsten Anteil an Windrädern in Österreich. Aktuell gäbe es noch freie Windkraft-Zonen – 38 Windräder werden heuer errichtet, 80 weitere sind im Genehmigungsverfahren.
Weltweiter Klimastreik am 23. September
Dennoch sei man „in Niederösterreich von einer Energiewende weit entfernt“, wie Marlies Mühlbauer von FFF betont. Dabei will die 17-Jährige nicht still zusehen: „Wir haben so wenig Zeit und so viel zu verlieren.“ Daher lautet das Motto der Schülerin und aller FFF-Aktivisten am Freitag beim weltweiten Klimastreik: „Lasst uns zur Demo gehen, anstatt unterzugehen!“ Start ist um 13.30 Uhr am Bahnhof St. Pölten.
Jedes Haus ein Sonnenkraftwerk
Die Forderung nach einer „Solarpflicht“ für Neubauten geht der grünen Landessprecherin Helga Krismer nicht weit genug. Zu groß seien das ungenutzte Potenzial und der Energiebedarf im Land. Ihr hohes Ziel: „Jedes Gebäude zwischen Enns und Leitha muss zum Sonnenkraftwerk werden.“ Sie fordert einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energie, um der Abhängigkeit von Gas und Öl zu entkommen. Ein reines Bekenntnis der Volkspartei zur Energiewende ist Krismer aber zu wenig: „Wir müssen endlich Nägel mit Köpfen machen!“
Und das soll per Landtagsbeschluss erfolgen. „Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als in den Bestand einzugreifen“, fordert sich eine verpflichtende nachträgliche Umrüstung von großflächigem Wohnbau und Gewerbeflächen. Dazu müssten bürokratische Hürden abgebaut und finanzielle Unterstützungen für die Bauherren aufgestockt werden.Neben der Umwelt geht es den Grünen aber auch schon ein wenig um die Landtagswahl, wenn Krismer etwa die Mutlosigkeit der Volkspartei kritisiert: „Johanna Mikl-Leitner und Stephan Pernkopf haben die vergangenen Jahre das Sonnen-Potenzial nicht genützt!“
Keine Verbote und Pflichten
Dazu kontert Energiesprecher Anton Kasser: „Grundsätzlich ist jeder gutgemeinte und umsetzbare Vorschlag für mehr eigene Energiegewinnung willkommen. Alle Parteien in Niederösterreich verfolgen dabei ein gemeinsames Ziel. Im Miteinander konnte die blau-gelbe Photovoltaik-Leistung in nur einem Jahr um 22 Prozent gesteigert werden - wir belegen damit Platz 1 vor allen anderen Bundesländern. Wichtig aber ist es, auf die Vorteile erneuerbarer Energien zu setzen, nicht auf Verbote und Pflichten“, so der ÖVP-Landtagsabgeordnete.
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