Der französische Präsident Emmanuel Macron ist ein starker Mann. Trotzdem dürfte er den österreichischen Bundespräsidenten beneiden, nicht nur wegen seines Amtssitzes in der Hofburg. Beide können einen Regierungschef zwar ohne Zustimmung des Parlaments ernennen, doch nur der Bundespräsident kann ihn auch an der Volksversammlung vorbei wieder von seinem Posten abberufen.
Ein Überblick zu den wichtigsten Kompetenzen der Staatspräsidenten in den EU-Staaten mit einem semi-präsidentiellen Regierungssystem:
„Rollenverzicht“
Österreich ist damit der einzige EU-Staat mit einem „präsidentiell-parlamentarischen“ Regierungssystem. Dass in der Realität nichts von dieser präsidialen Machtfülle zu merken ist, schreibt der Politikwissenschaftler Anton Pelinka einem „Rollenverzicht“ des Bundespräsidenten zu.
De facto kann der Präsident bei der Regierungsbildung auch nicht gegen den Willen der Parlamentsmehrheit agieren, da der Nationalrat jede Regierung mit einfacher Mehrheit kippen kann. Anders als in Frankreich treten bei der österreichischen Präsidentenwahl nicht die Parteiführer mit einer entsprechenden loyalen Machtbasis im Parlament an.
Die Achillesferse des Bundespräsidenten
Die fehlenden Zuständigkeiten im Bereich der Gesetzgebung sind nämlich die Achillesferse des Bundespräsidenten. Während der polnische Präsident Gesetzesdekrete erlassen, der portugiesische Präsident ein Veto gegen Parlamentsbeschlüsse einlegen oder der rumänische Präsident eine Volksabstimmung anordnen kann, verfügt der Bundespräsident nur über das ziemlich brachiale „Disziplinierungsmittel“ der Parlamentsauflösung. Und auch für dessen Einsatz braucht er einen Vorschlag des Bundeskanzlers.
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