Fiskalrat-Chef Badelt:

„Wir sind noch lange nicht am Ende der Hilfen“

Wirtschaft
24.09.2022 06:00

Statt einer erhofften Erholung der Staatsfinanzen sorgen die Krise und die Gegenmaßnahmen erneut für eine Explosion des Defizits.

Schon vor diesem Herbst war klar, dass alleine heuer über vier Milliarden Euro mehr ausgegeben werden, die im Budget so nicht eingeplant waren: Diverse Anti-Teuerungs-Pakete, die Erhöhung des Klimabonus und der Zuwendungen an Familien waren erst der Anfang. Die Strompreisbremse für Haushalte und entsprechende Hilfen für die Betriebe werden hauptsächlich das Budget 2023 mit geschätzten fünf bis sechs Milliarden Euro zusätzlich belasten.

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Solange wir im Krisenmodus sind, muss man die Mehrkosten in Kauf nehmen, aber man darf sie nicht mutwillig vergrößern.

Christoph Badelt, Fiskalrat

Dazu kommen die Kosten für die Abschaffung der kalten Progression: 1,8 Milliarden Euro im ersten Jahr, kumuliert bis 2026 kommt man auf fast 20 Milliarden Euro. Nicht zu vergessen ist die Anpassung der Sozialleistungen an die Inflation, die man dazurechnen muss. „Das wird noch lange nicht das Ende der Unterstützungen sein“, fürchtet Christoph Badelt, der als Chef des Fiskalrates die Staatsfinanzen überwacht.

Gemeinden, Universitäten und andere werden ebenfalls nach Hilfen rufen. Badelt bleibt Realist: „Solange wir im Krisenmodus sind, muss man die Mehrkosten in Kauf nehmen, aber man darf sie nicht mutwillig vergrößern.“ Man müsse „doppelt und dreifach aufpassen“, dass es zu keinen Überförderungen oder unnötigen Mehrausgaben kommt.

Der ursprüngliche Plan, der für heuer ein Budgetdefizit von 2,9 Prozent vorsah und ein Absinken in den Folgejahren, ist Makulatur. Denn dass die Erholung der Wirtschaft nach Corona (siehe Wifo-Grafik) jäh gestoppt wurde und der Trend klar nach unten zeigt, hat alle Prognosen über den Haufen geworfen.

(Bild: Krone KREATIV)

Badelt rechnet für heuer mit einem Budgetminus von rund vier Prozent, das geht in Richtung 20 Milliarden Euro. 2023 dürfte es „keineswegs niedriger“ sein. Strompreisbremsen und kalte Progression wirken sich deutlich aus und „dazu kommt, dass wir das bei den Steuereinnahmen deutlich spüren werden, wenn das Wachstum 2023 stark zurückgeht“ (Badelt).

Zwar deutet alles darauf hin, dass die EU die Budgetregeln, die während der Corona-Krise ausgesetzt waren, auch 2023 nicht anwendet. „Doch nachher brauchen wir eine Konsolidierungsstrategie für den Haushalt“, so Badelt. Man dürfe nicht vergessen, dass es noch eine „normale“ Wirtschafts- und Sozialpolitik gibt, die ebenfalls Mehrkosten verursachen wird, wie die Pflege oder die Pensionen, dazu kommen noch versprochene Zusatzausgaben für das Militär.

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Doch nachher brauchen wir eine Konsolidierungsstrategie für den Haushalt und echte Strukturreformen.

Christoph Badelt, Fiskalrat

Da rächt sich das, was Badelt seit Langem immer einmahnt: die fehlenden Strukturreformen in Österreich, die helfen sollten, den Staatshaushalt zu entlasten. Dabei standen wir zu Beginn der Krise in der Verschuldung international relativ gut da. „Jetzt aber gehören wir nicht mehr zu der Spitzengruppe, was man an den Zinsdifferenzen zu Deutschland (Anm.: bei den Staatsanleihen) deutlich sieht.“

Porträt von Manfred Schumi
Manfred Schumi
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