Putin-Vertrauter dabei
Größter Gefangenenaustausch seit Kriegsbeginn
Nach fast sieben Monaten Krieg haben die Ukraine und Russland einen großen Gefangenentausch verkündet. 205 Ukrainer kehrten aus russischer Gefangenschaft zurück, wie der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, in der Nacht auf Donnerstag mitteilte. Unter den 55 russischen Kriegsgefangenen befand sich auch der prorussische Politiker Viktor Medwedtschuk, ein Vertrauter von Präsident Wladimir Putin. Die Separatisten ließen auch zehn ausländische Staatsbürger frei.
Medwedtschuk soll zu den reichsten Menschen der Ukraine zählen. Laut eigenen Angaben ist Putin der Patenonkel seiner jüngsten Tochter. Die Beziehung zum Kreml-Chef wurde dem Politiker schon im Vorjahr zum Verhängnis: Er wurde wegen Hochverrats angeklagt und unter Hausarrest gestellt. Als russische Truppen Ende Februar in die Ukraine einmarschiert waren, war es ihm während der Kriegswirren wochenlang gelungen, unterzutauchen.
Zu den ukrainischen Heimkehrern zählten laut Jermak die Kommandeure der Verteidigung von Mariupol, die verschanzt im Stahlwerk Asowstal bis Mitte Mai Widerstand gegen die russischen Eroberer geleistet hatten. „Unsere Helden sind frei“, schrieb er auf Telegram.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bedankte sich am Mittwochabend persönlich bei einigen der befreiten Soldaten über eine Videoschaltung. Gleichzeitig versuchte er, den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, die Medwedtschuk als wichtigen Gefangenen betrachteten und gegen eine Freilassung waren. „Es ist nicht schade, Medwedtschuk gegen echte Krieger auszutauschen. Die Ukraine hat im Zuge der Ermittlungen alles Notwendige von ihm erhalten“, so Selenskyj.
Fünf Briten seien am Donnerstag nach Monaten in der Kriegsgefangenschaft prorussischer Separatisten in der Ostukraine auf dem Flughafen London-Heathrow gelandet, berichtete die BBC. Dort hätten sie dann auch ihre Familien wiedergesehen. Sie freuten sich „nach dieser schrecklichen Tortur auf die Normalität mit ihren Familien“, sagte Dominik Byrne von der Organisation Presidium Network, die die Angehörigen unterstützt.
In einem im Flugzeug aufgenommenen Video sagte Shaun Pinner, einer der Männer: „Wir sind noch einmal davongekommen.“ Aiden Aslin, der wie Pinner in einem Schauprozess von den Separatisten wegen Söldnertums zum Tode verurteilt worden war, sagte: „Wir sind jetzt aus der Gefahrenzone heraus und auf dem Weg nach Hause zu unseren Familien.“
Türkei und Saudi-Arabien wollen vermittelt haben
Die Türkei und Saudi-Arabien hatten eigenen Angaben zufolge bei dem Austausch vermittelt. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nannte die Einigung einen „wichtigen Schritt“ hin zu einer Beendigung des Kriegs in der Ukraine.
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