Akute Personalnot bei Ärzten und Pflegepersonal ist in steirischen Spitälern zum traurigen Alltag geworden. Wie lange kann das noch gutgehen?
Ein Brief an den Kages-Vorstand von Ärzten der Abteilung Innere Medizin des LKH Knittelfeld sorgte Anfang Juni für Wirbel: Wegen akutem Personalmangel sei eine normale Versorgung ab Herbst nicht mehr möglich, so die Kernaussage. Nun ist der Herbst ins Land gezogen und wie sich zeigt, hat sich die düstere Prognose der Mediziner leider bewahrheitet: „Ja, wir haben noch immer einen massiven Personalmangel, vor allem bei den Ärzten. Wir versuchen mit allen Kräften, das System am Laufen zu halten. Wie massiv die Einschnitte noch werden, wird sich zeigen“, sagt Georg Maringer, Betriebsratsvorsitzender am LKH Knittelfeld.
63 von 122 Betten der Inneren Medizin seien aktuell gesperrt. Damit gerate man in eine Abwärtspirale: „Gesperrte Betten schlagen sich auch in der laufenden Personalbedarfsrechnung nieder. Wir werden wohl leider Pflegepersonal verlieren.“
LKH Bad Radkersburg muss Notbremse ziehen
Dieser Ausnahmezustand in Knittelfeld ist kein Einzelfall, sondern beispielhaft für die sich zuspitzende Personalkrise in steirischen Spitälern. So gab es etwa erst letzte Woche in Bad Radkersburg einen Krisengipfel - wir haben berichtet. Auch am dortigen LKH kämpft die Innere Medizin mit akutem Ärztemangel. Als Notlösung sieht man sich gezwungen die Abteilung umzustrukturieren, sprich: Ab Jahresende wird sie nur noch als Tagesklinik geführt. Die Notfallversorgung sei aber nicht gefährdet, wie die Kages betont.
Bettensperren sind ja auch eine Schutzmaßnahme für unsere Mitarbeiter. Wenn diese Betten offen bleiben und alle bis zum Umfallen hackeln müssen, haben wir bald noch weniger Personal.
Michael Tripolt, Kages-Betriebsratsvorstand
Es trifft aber nicht nur ländliche Krankenhäuser, auch am Uni-Klinikum Graz, dem Flaggschiff des steirischen Spitalswesens, ist der Personalmangel leidiges Dauerthema: „Bei uns verhält es sich eher umgekehrt, es fehlen weniger Ärzte als Pflegekräfte, vor allem spezialisierte“, erklärt der Kages-Zentralbetriebsratsvorsitzende Michael Tripolt. Seine Einschätzung zur aktuellen Lage am LKH Graz: „Letztes Jahr um die Zeit hatten wir rund 100 gesperrte Betten. Jetzt sind es 200 und es werden noch mehr werden.“
Patienten müssen immer länger auf OPs warten
Seit Monaten fehlen in steirischen Kages-Spitälern rund 180 Ärzte, bei den Pflegekräften sind mehr als 300 Stellen offen.
Wie bekommen das Patienten zu spüren? „Seit Mai spüren wir die Entwicklung sehr stark. Vermehrte Anfragen gibt es vor allem wegen langer Wartezeiten bei gewissen Operationen“, sagt die steirische Patientenombudsfrau Michaela Wlattnig, betont aber auch: „ Die Behandlung von Notfällen und akuten Erkrankungen ist nach wie vor gegeben.“
Kages muss als Arbeitgeber wieder attraktiver werden
Worin sich alle Experten einig sind: Das System ist im Umbruch, Patienten werden sich darauf einstellen müssen, dass es in Spitälern nicht mehr alle gewohnten Leistungen geben wird. Die Personalsituation wird sich nicht von heute auf morgen bessern. Die Kages müsse als Arbeitgeber wieder attraktiver werden, heißt es von allen Seiten. „Vor einigen Jahren waren die Leute noch stolz darauf im Landesdienst zu sein, davon sind wir heute leider weit entfernt“, bringt es Betriebsrat Georg Maringer auf den Punkt.
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