Rechtspopulistin siegt
Italien-Wahl: Meloni als „Katastrophe für Europa“
Sie hat nach den Parlamentswahlen in Italien die besten Karten in der Hand, um die Nachfolge von Premier Mario Draghi anzutreten. Die rechtsnationalistische Giorgia Meloni könnte zur ersten Regierungschefin des Landes aufsteigen. Nach ersten Hochrechnungen zeichnet sich ein klarer Wahlsieg der Mitte-Rechts-Allianz um die Wahlfavoritin und Rechtsaußen-Politikerin ab. Meloni erhob in der Nacht auf Montag Anspruch auf die Regierungsbildung. EU-Abgeordnete zeigen sich über den Sieg des Rechtsbündnisses besorgt. Meloni sei eine Gefahr für das konstruktive Miteinander und könnte sogar zu „einer Katastrophe für Europa werden“.
Meloni sieht den Regierungsauftrag beim rechten Lager unter Führung ihrer Partei. Auf Grundlage der ersten Hochrechnungen lasse sich sagen, dass die Italiener an den Wahlurnen ein klares Zeichen gesendet hätten, sagte Meloni Montagfrüh in Rom. Sie sprach von einer „Nacht des Stolzes“ und einer „Nacht der Erlösung“. Die Allianz dürfte laut den Hochrechnungen auf rund 44 Prozent der Stimmen kommen. Dieser Prozentsatz genügt, um laut dem Wahlsystem die Mehrheit der Stimmen in der Abgeordnetenkammer und im Senat zu erobern.
Meloni will „das Volk vereinen“
Zu ihren Anhängern sagte sie, man sei nicht am Ort der Ankunft, sondern am Ort des Aufbruchs. Nun sei Einigkeit gefragt, um die vielen Probleme im Land anzugehen. „Wenn wir dazu aufgerufen werden, diese Nation zu regieren, werden wir dies für alle Italiener tun, mit dem Ziel, das Volk zu vereinen, das Verbindende zu fördern und nicht das Trennende“, sagte Meloni vor Journalisten. Man werde das Vertrauen der Wähler nicht missbrauchen.
EU-Abgeordnete besorgt über Sieg des Rechtsbündnisses
Führende EU-Abgeordnete warnen jedoch vor einer Regierung in Rom, die von der rechtsnationalen Partei Melonis angeführt wird. „Giorgia Meloni wird eine Ministerpräsidentin sein, deren politische Vorbilder Viktor Orbán und Donald Trump heißen. Der Wahlsieg des Bündnisses von Rechts-Mitte-Parteien in Italien ist deshalb besorgniserregend“, so etwa Katharina Barley (SPD), Vize-Präsidentin des Europäischen Parlaments, zur „Welt“.
Gefahr für das konstruktive Miteinander in Europa
Melonis wahlkampftaktisches Lippenbekenntnis für Europa könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie eine Gefahr für das konstruktive Miteinander in Europa darstelle. „Die Autokraten bekommen mit ihr eine Lobbyistin im Rat, also der Vertretung der 27 EU-Mitgliedsländer, um Sand ins Getriebe der EU zu streuen.“ Barley rief die Parteien im Europäischen Parlament und die EU-Länder auf, sich Störmanövern aus Rom von Anfang an zu widersetzen.
Meloni kann zu „einer Katastrophe für Europa werden“
Der Co-Chef der europäischen Grünen, der Österreicher Thomas Waitz, sagte der „Welt“, die EU könne nur funktionieren, wenn sie zusammenhalte, beispielsweise bei der Kooperation auf den Energiemärkten, bei Beschlüssen über Russland-Sanktionen oder bei der Bewältigung der Corona-Krise: „Meloni würde dagegen auf nationale Alleingänge setzen, sie kann eine Katastrophe für Europa werden.“
Video: Meloni als Bedrohung für Europa?
Europas Rechtspopulisten gratulieren
Die französischen Rechtspopulisten feierten den Wahlerfolg und gratulierten Meloni. „Die Italiener haben der Europäischen Union eine Lektion in Demut erteilt“, so etwa Jordan Bardella, Europaabgeordneter des Rassemblement National und Präsidentschaftskandidat der Partei von Marine Le Pen: „Keine noch so große Bedrohung kann die Demokratie aufhalten: Die Völker Europas erheben ihre Köpfe und nehmen ihr Schicksal wieder in die Hand!“
Auch die spanische Vox, die Meloni im Wahlkampf unterstützt hatte, begrüßte das Wahlergebnis. „Heute Abend setzen Millionen von Europäern ihre Hoffnungen auf Italien. Giorgia Meloni hat den Weg für ein stolzes, freies Europa souveräner Nationen aufgezeigt“, twitterte der Vox-Vorsitzende Santiago Abascal.
Glückwünsche für die Rechtspopulistin Meloni trafen auch von Balazs Orban, politischem Berater des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban, ein. „Wir gratulieren Giorgia Meloni, Matteo Salvini, Silvio Berlusconi zu den heutigen Wahlen! In diesen schwierigen Zeiten brauchen wir mehr denn je Freunde, die eine gemeinsame Vision und ein gemeinsames Konzept für die Herausforderungen Europas haben“, so Orban.
„Ein guter Tag für Italien“
„Wir jubeln mit Italien!“, gratulierte auch die deutsche AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch. Ihr Parteikollege Malte Kaufmann twitterte: „Ein guter Tag für Italien - ein guter Tag für Europa.“ Lob erhielt die Chefin von Fratelli d‘ Italia auch vom polnischen Premier Mateusz Morawiecki.
Sozialdemokraten wollen in Opposition gehen
Die Sozialdemokraten gestanden ihre Niederlage ein, sie wollen in die Opposition gehen, so Debora Serracchiani, die Fraktionschefin des Partito Democratico (PD) im Abgeordnetenhaus.
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