Institut analysierte:
Moskau besitzt fast 6000 Nuklearsprengköpfe
Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts (SIPRI) verfügt Russland über 5977 Atomsprengköpfe. Dass die russische Armee im Ukraine-Krieg ihre Atomwaffen einsetzt, wird von Experten nicht ausgeschlossen. Denn nach den umstrittenen Referenden in den besetzten ukrainischen Gebieten wird erwartet, dass Präsident Wladimir Putin die Regionen als russisch anerkennt. Russland könne nach dem Beitritt der Gebiete zur Verteidigung Russlands „von allen uns zur Verfügung stehenden Waffensystemen Gebrauch machen“, hatte Putin vergangene Woche erklärt.
Gemeinsam mit den USA (5428 Sprengköpfe) besitzt Russland mehr als 90 Prozent des weltweiten Nukleararsenals, heißt es im SIPRI-Jahrbuch 2022. Das Bulletin der Atomwissenschaftler schätzt, dass Anfang 2022 der russische Bestand etwa 4477 nukleare Sprengköpfe umfasste, die für den Einsatz auf strategischen Langstreckenraketen und taktischen Atomwaffen mit geringerer Reichweite vorgesehen sind. Zusätzlich gibt es etwa 1500 ausgemusterte, aber noch weitgehend intakte Sprengköpfe.
Taktische Waffen können „erhebliche Radioaktivität freisetzen"
Der Vorteil von taktischen Waffen ist, dass sie mit Lkw schnell transportiert und vor Ort abgefeuert werden können, wie der Leiter des ABC-Abwehrzentrums des Bundesheeres, Oberst Jürgen Schlechter, unlängst erklärte. Die Bezeichnung „taktisch“ kann aber missverstanden werden. Diese Waffen können nämlich „schwerste Zerstörungen anrichten und erhebliche Radioaktivität freisetzen“, so Schlechter. Das Schadensausmaß sei abhängig von der Sprengkraft und der Detonationsart.
Bei einer Bodendetonation werde radioaktives Erdmaterial bis zu mehreren Kilometern Höhe in die Atmosphäre mitverfrachtet, das dann abhängig vom Wind als „radioaktiver Niederschlag“ wieder zu Boden falle und dort eine weitreichende Verstrahlung verursachen könne. Bei einer Luftdetonation entstehe ein „nuklearer Elektromagnetischer Impuls“ (NEMP), der zu weitreichenden Zerstörungen elektronischer Systeme, vergleichbar mit einem Blackout, führen könne.
Die kleinste taktische Atomwaffe hat laut Schlechter eine Sprengkraft von circa 0,3 Kilotonnen (kT). Die Spanne der Sprengkraft reiche hier bis zu ca. 200 kT. Eine Kilotonne entspricht einem Äquivalent von 1000 Tonnen Sprengstoff Trinitrotoluol - TNT. Eine Nuklearwaffe mit 10 kT, vergleichbar mit der Hiroshima-Bombe, hätte zerstörerische „Primärwirkungen“: Die Druckwelle und Hitzestrahlung würden bei einer Bodendetonation ein Gebiet von etwa ein bis zwei Quadratkilometern betreffen.
Radioaktiver Niederschlag könnte auch Österreich betreffen
Österreich wäre von den Primärwirkungen eines Einsatzes taktischer Atombomben zwar nicht unmittelbar betroffen, aber im Falle eines radioaktiven Niederschlages könnte es zur Verbreitung der radioaktiven Partikel kommen. Dies werde von den Experten am ABC-Abwehrzentrum in Korneuburg aufgrund der Wetterlage beurteilt. Auch eine eingeschleppte Kontamination durch Personen oder Fahrzeuge aus dem Gebiet, in dem sich radioaktiver Niederschlag ausgebreitet hat, sei möglich. Außerdem müsse mit einer Verstrahlung von Lebensmitteln und anderen Handelswaren gerechnet werden, so der Bundesheer-Experte.
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